3.08.2011

SNB: Und sie bewegt sich doch…

Nationalbank wagt es (noch) nicht, die Notbremse zu ziehen

Der hohe Kurs des Schweizer Frankens drückt nicht nur auf die Exportindustrie, sondern auch auf unsere Nationalbank (SNB). Gestern hatte ich hier die Chancen und Gefahren eines Wechsels in der Geldpolitik diskutiert. Heute hat die SNB reagiert, indem sie die Zinsen senkt und mehr Liquidität zur Verfügung stellt; vgl. Medienmitteilung.

Allerdings befürchte ich, dass dies eher in die Kategorie der symbolischen Politik fällt, weil die SNB nun Handlungsbereitschaft demonstrieren muss. Der langfristige Aufwertungstrend unserer Währung lässt sich dadurch vielleicht verzögern, aber kaum brechen.

Dazu wäre eine Politikwechsel hin zu einem deklarierten Wechselkursziel bzw. einer Grenze für eine bestimmte Währung nötig, welche kompromisslos durch Devisenmarktinterventionen (Käufe von z.B. Euro gegen Schweizer Franken) zu verteidigen wäre. Zum Ziehen dieser Notbremse fehlt momentan noch der Mut bzw. der wirtschaftliche Druck.

Immerhin bin ich überzeugt, dass bei der SNB ein entsprechender Plan-B inzwischen existiert, der spätestens bei Parität mit dem Euro umgesetzt wird.

Entgegen der Meinung verschiedener Kommentatoren (vgl. z.B. NZZ von heute) bin ich der Ansicht, dass ein Wechselkursziel durchaus erreichbar ist, falls die SNB dieses wirklich mit allen Mitteln verfolgt. Die Argumente finden sich hier.

Nachtrag vom 5. Aug. 2011

Im Interview mit der NZZ von heute, bezweifelt SNB-Chef Hildebrand, dass eine “feste, permanente Anbindung des Frankens an den Euro” mit dem verfassungsmässigen Auftrag der SNB kompatibel sei.

Zum Verfassungs- und Gesetzesauftrag hält die Homepage der SNB folgendens fest:

Die Bundesverfassung beauftragt die Nationalbank als unabhängige Institution, im Gesamtinteresse des Landes die Geld- und Währungspolitik zu führen (Art. 99 BV). Der Auftrag wird im Nationalbankgesetz (Art. 5 Abs. 1) präzisiert. Dieses betraut die Nationalbank mit der Aufgabe, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Die vorübergehende Verfolgung eines Wechselkursziels bzw. einer bestimmten Grenze für den Wechselkurs (etwa gegenüber dem Euro) scheint in diesem Rahmen durchaus möglich, weil im aktuellen Umfeld dadurch die negative konjukturelle Entwicklung berücksichtigt wird und die Preisstabilität nicht unmittelbar gefährdet ist. — Beide Aspkete betont auch Hildebrand im NZZ-Interview:

«Im Moment besteht keine Inflationsgefahr. Der starke Franken hat ja eine extrem desinflationäre Wirkung und gefährdet auch die Wirtschaftslage. Wir erwarten eine sehr deutliche Abschwächung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte.»

Sofern diese Analyse korrekt ist, lässt sich eine vorübergehende Wechselkursgrenze durchaus mit dem Auftrag der SNB in Einklang bringen. Sobald der Druck gross genug ist (Parität mit dem Euro?) wird sich die SNB dieser Argumentation wohl anschliessen (müssen). — Dass an einem Plan B gearbeitet wird, lässt Hildebrand erahnen wenn er sagt: «…wir prüfen schon seit längerer Zeit alle möglichen Varianten. (…) Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns jetzt nicht vorzeitig in die Karten schauen lassen, weshalb ich mich zu Details nicht äussern will.»

Etwas verwirrlich ist übrigens folgende Frage der NZZ in genanntem Interview: «Wieso hat sich die Nationalbank diesmal für eine Ausweitung der Geldmenge und nicht für erneute Devisenkäufe entschieden?» Devisenkäufe gegen Schweizerfranken erhöhen selbstverständlich ebenfalls die Geldmenge!

Kommentare

Versuchen Sie sich mal Gedanken darueber zu machen, ob der “radikale” Politikwechsel nicht heissen koennte, die freie Konvertierbarkeit des CHF aufzuheben !

Wenn die SNB die freie Konvertierbarkeit des CHF aufhebt, dieser also an den intern. Finanzmaerkten nicht mehr gehandelt werden kann, sondern nur noch in der CH von der SNB, dann koennen nur noch Leute den CHF nachfragen, welche entweder Gueter aus der CH beziehen wollen oder Finanzanlagen in der CH in CHF taetigen wollen.
Werden die Finanzstroeme zu gross, dann werden Negativzinsen verhaengt und die Finanzstroeme versiegen.

M.a.W. es geht darum aus dem katazyklischen Finanzmarkt der internat. Spekulanten auszusteigen, BEVOR sie uns ausgelutscht haben.

GENAU AUS DIESEM GRUND uebrigens sind die Chinesen bei diesem Finanzbordello gar nicht erst mit dabei, weil sie wie ich, dort stehen geblieben sind, als Spekulanten noch als volkswirtschaftliche Schaedlinge bezeichnet wurden.

@Marc Berthoud
Was Sie vorschlagen, ist eine Art currency board, welches ich für eine kleine und wirtschaftlich stark verfochtene Volkswirtschaft wie die Schweiz für völlig ungeeignet halte. — Man stelle sich nur vor, dass Touristen die die Schweiz besuchen wollen, vorgängig bei einer staatlichen Stelle Schweizerfranken beantragen und bei der Einreise kaufen müssten. Vermutlich würden die Hoteliers ganz einfach dazu übergehen, Euros und Dollars zu akzeptieren, was man anschliessend staatlicherseits verbieten und kontrollieren müsste. Der Tourismus wäre sogleich am Boden.

Interessant wäre auch was mit jenen Ausländern geschieht, die heute Schweizerfranken besitzen. Kann man ihnen den Handel verbieten? Man müsste ihnen wohl die Franken abkaufen — gegen Euro und Dollar, versteht sich. Das ist eine ziemlich absurde Vorstellung, denn erstens wäre dies das genaue Gegenteil des sinnvollen Weges, indem nämlich der Franken verknappt und sein Preis noch weiter steigen würde und zweitens würden die Devisenreserven der SNB dazu niemals ausreichen (Euro und Dollar kann sie nämlich nicht schaffen).

China betreibt so etwas wie ein “managed floating” mit Devisenmarktinterventionen der PBoC und Kapitalverkehrsregulierungen, was ein komplexes System bedingt, das über mehrere Jahre eingeführt werden müsste und keine dauerhaften Vorteile für die Schweiz bringt.

Wie ich gestern hier erläutert habe, ginge es einfacher, indem man ein Wechselkursziel kommuniziert und dieses standhaft verteidigt. Sobald die Marktteilnehmer verstehen, dass die SNB das Ziel tatsächlich durchsetzt, ist der Spekulation jeglicher Boden entzogen!
Nehmen wir z.B. an, dass die SNB ein Ziel von 1.20 CHF/Euro setzt und anschliessend so viele Euro kauft, bis sich dieser Wert am Markt einstellt. Nun hat kein Spekulant mehr einen Anreiz auf einen Wiederanstieg des Fankens zu wetten, weil er weiss, dass die SNB bei Kursabweichungen sogleich wieder intervenieren würde.

Dabei muss der Weg zum Zielkurs nicht einmal teuer sein. Wenn die Marktteilnehmer nach Bekanntgabe des Wechselkursziels von dessen Durchsetzung durch die SNB überzeugt sind (auch weil sie wissen, dass die SNB Franken in unbegrenzter Menge auf den Markt bringen kann, also am längeren Hebel sitzt), werden sie möglichst schnell aus dem Franken aussteigen, noch bevor das gesetzte Kursziel erreicht ist, weil sie sonst mit schwächer werdendem Franken Geld verlieren.

Es kann also sehr gut sein, dass der Kurs relativ rasch auf den Zielwert kommt, ohne dass massiv mehr Fanken in Umlauf gelangen und die Inflation längerfristig angeheizt wird. Damit dies geschieht, muss die SNB ihren Politikwechsel lediglich glaubhaft machen.

…hier noch weitere Infos über
Das chinesische Währungssystem

Im Juli 2005 wertet die Zentralbank den Yuan gegenüber dem Dollar um 2,1 Prozent auf und kündigt den Übergang zu einer Währungskorbpolitik an. Nach Angaben der Zentralbank sind die wichtigsten Währungen des Korbs Dollar, Euro, Yen und der koreanische Won. Auch der Singapurer Dollar, das britische Pfund, der malaysische Ringgit, der russische Rubel, der australische Dollar, der thailändische Baht und der kanadische Dollar sind enthalten. Die Gewichtung der Währungen ist geheim.

Ab Juli 2008 ist der Yuan de facto wieder an den Dollar gekoppelt, um die heimische Wirtschaft vor den Auswirkungen der Finanzkrise zu schützen.

Die chinesische Zentralbank setzt täglich einen Mittelwert fest, der sich an von Händlern gesammelten Angeboten orientiert. Gegenüber diesem Wert darf der Yuan im Verhältnis zum Dollar bis zu 0,5 Prozent an einem Tag steigen oder fallen. Tatsächlich beschränken sich die Schwankungen des Yuan jedoch meist auf bis zu 0,15 Prozent gegenüber dem Dollar-Mittelwert. Die tägliche Handelsspanne gegenüber anderen wichtigen Währungen ist auf plus oder minus drei Prozent gegenüber dem täglichen Mittelwert festgesetzt.

Quelle: Spiegel Online

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