Gestern fand auf SRF 1 wieder einmal eine muntere Debatte über die Kostenentwicklung in unserem Gesundheitswesen statt. Ich war als “Experte am Buzzer” eingeladen. Zu meinem Erstaunen gab es kaum Kontroversen. So war man sich etwa einig, dass rund 20% der erbrachten Leistungen unnötig sind, was etwa 6 -8 Milliarden CHF pro Jahr ausmacht. Die Frage, wie man diese unnötigen Leistungen identifiziert und eliminiert, konnte leider niemand beantworten. — Sendung anschauen: SRF ARENA “Krankes Gesundheitswesen”

Weiter lesen für eine Zusammenfassung einiger meiner Anmerkungen (via SRF News):

Preisstrategien grosser Marken tragen massgeblich zum Einkaufstoursismus bei

Der Schweizer Detailhandel leidet unter dem Einkaufstourismus. Ihm entgehen pro Jahr ca. 11 Milliarden CHF. Gemäss dem Bundesamt für Statistik sind in den letzten vier Jahren 6000 Stellen im Detailhandel verloren gegangen. Der Wirtschaftsminister schätzt das Potential gar auf 30 Milliarden CHF pro Jahr. — Nicht nur der starke Schweizer Franken, sondern auch die Preisstrategien internationaler Konzerne und Marken haben einen wichtigen Anteil an dieser Entwicklung.

Der Ärztetarif, die Mengenausweitung und die Alternativen

Der Kampf gegen den Kostenanstieg in unserem Gesundheitswesen ist ein Kampf gegen Windmühlen. Man kann ihn im heutigen System kaum gewinnen. Eine Hauptursache ist der Einzelleistungstarif, genannt TARMED. Senkt man den Tarif für gewisse Leistungen, sinken die Kosten nicht, weil meist die Mengen jeweils etwa im selben Masse ansteigen. Hierfür gibt es viele Beispiele. – Ökonomisch gesehen interessant ist die Frage, wie die Mengenausweitung genau funktioniert und welche Alternativen es gibt.

Dies ist der 150. Beitrag in diesem Blog.

Ein kleines Jubiläum also, zu dem ich mich bei meinen Leserinnen und Lesern herzlich bedanken möchte, für die unzähligen Diskussionsbeiträge und Anregungen. Diese erreichen mich entweder direkt im Blog als Kommentar oder im persönlichen Gespräch mit der Leserschaft. — Fast unbemerkt hat mir die NZZ kürzlich ein Lob ausgesprochen, als sie mich in die Liste der einflussreichsten Ökonomen der Schweiz 2015 aufgenommen hat. Dies beruht vermutlich nur auf einem groben Versehen der Redaktion, freut mich aber trotzdem sehr…

Es soll nachher keiner sagen, die Gesundheitsökonomen hätten nicht gewarnt.

Im Vergleich dazu, was uns wohl noch erwartet, waren die Zeiten bisher rosig. Jährliche Prämienerhöhungen von jeweils rund 4% sind bislang üblich. Aufgrund zweier tickender Zeitbomben könnte es künftig aber einiges mehr sein. Denn einerseits hat der Nationalrat den Ärztestopp nicht verlängert und andererseits wird in vielen Kantonen im Spitalbereich so umfangreich gebaut wie noch nie. Ohne Korrekturen hat beides zusammen das Potential zu einem massiven Kostenschub.

24.12.2015

Effizient Schenken

So kurz vor Weihnachten sind viele im Gschenkli-Stress. Tatsächlich ist es nicht einfach, für jeden das Richtige zu finden. Und oft genug gibt es am Heiligen Abend lange Gesichter. Wenn Tante Marta schon wieder ein Parfüm auspackt, das sie garnicht mag. Oder der Grossvater gezwungen ist, sich über das siebte Paar gestrickte Socken herzlich zu freuen.

Neue Zürcher Zeitung, 2. Dezember 2015

November war Wechselzeit für die Krankenversicherung. Die Versicherten mussten sich fragen, ob sie bei der richtigen Versicherung sind und ob sie den besten Tarif gewählt haben. Hier kann viel Geld gespart werden. Dabei spielt die Wahl der Franchise eine wichtige Rolle.

Rekordhohe Kapazitäten erlauben schnellen Zugriff auf Gesundheitsleistungen, führen aber zu massiven Kosten

Alle Jahre wieder steigen die Prämien der Krankenkassen. Dies ist ebenso gewiss, wie das nachfolgende Wehklagen der Prämienzahler. Allerdings müssen sich diese auch ein wenig selbst bei der Nase nehmen. Denn der Prämienanstieg beruht auf dem Kostenanstieg. Dieser hat zwar viele Ursachen, doch ein wichtiger Faktor ist folgender: Als gesunde Bürger wollen wir tiefe Gesundheitskosten, sobald wir aber krank sind, wollen wir als Patienten nur das Beste. Und zwar schnell – das kostet.

Die Schweiz ging in den 1990er Jahren durch ein Tal der Tränen. Das Wachstum stagnierte über viele Jahre und die wirtschaftliche Stimmung war arg getrübt. Erst gegen Ende jenes Jahrzehnts zogen die Börsen an, aber es war lediglich eine Blase der Internetfirmen, die schon im Frühling 2000 wieder platzte.

Welche Katastrophen hätte man sich damals ausmalen können? Es fallen mir mindestens vier Dinge ein, von denen viele Wirtschaftsprofessoren wie auch Wirtschaftskapitäne sicher glaubten, dass sie die Schweiz in den Ruin treiben könnten. — Allerdings kam alles ganz anders….

Kleine Sensation in Kreuzlingen (TG): Die Filliale der Drogeriekette Müller bietet hier 1:1 die selben Preise an, wie in Konstanz. Wenn man mal von der möglichen Rückerstattung der deutschen Mehrwertsteuer absieht, ist Kreuzlingen damit billier als Konstanz! (vgl. Bericht in der Thurgauer Zeitung unten). Ob das gut geht?

Wenn meine Salatschleuder zum Investitionsobjekt wird

Über die «Sharing Economy» wurde in letzter Zeit viel geschrieben. Manche Autoren und Journalisten berichten von einer neuen Form des Wirtschaftens, von einer Alternative zur Marktwirtschaft, die besonders sozial sei. In ihr soll sogar die Zukunft liegen und wir werden uns grundlegend transformieren. — Kurz gesagt ist das Unsinn. Es handelt sich um sehr alten Wein in digitalen Schläuchen, um einen Kapitalismus der nächsten Stufe.

Mobility Pricing – Angebot und Nachfrage im Verkehr

Wenn die Nachfrage hoch ist, steigt der Preis. Das ist normal. Nur nicht im Verkehr. Der Bundesrat will das nun ändern. Wer zu Stosszeiten auf der Strasse oder der Schiene unterwegs ist, soll mehr zahlen. So sieht es das soeben vorgestellte bundesrätliche Modell für leistungsabhängige Verkehrsabgaben vor. Ist “mobility pricing” der moderne Begriff für ein neues Abzocker-Modell, das es einzig aufs Portemonnaie der Pendler abgesehen hat?

Korruption? Nein, nur eine Form der Auktion!

Gestern wurden einige ranghohe Funktionäre der FIFA  in Zürich verhaftet. Die Anklage kommt aus den USA und lautet auf Bestechung bei der Vergabe von Durchführungs- und Vermarktungsrechten sowie auf Geldwäscherei. Die halbe Welt hat sich über die Korruptionsvorwürfe aufgeregt. Dabei kann die FIFA als privater Verein die Rechte eigentlich vergeben wie sie will. Sie ist keine staatliche Institution und muss sich deshalb auch nicht an rechtsstaatliche Verfahren halten.

Die FIFA vergibt die Rechte letztlich an diejenigen, die am meisten Zahlen — wo ist da der Skandal???

4.05.2015

Erben und Fairness

Die Erbschaftssteuer ist eine super Sache. Vor allem wenn man zu viele Freunde hat. Sobald man pro Erbschaftssteuer ist, verliert man die eine Hälfte der Freunde. Wendet man sich dagegen, verliert man die andere Hälfte. Offenbar sind die meisten entweder vollkommen dafür oder total dagegen.

In der Schweiz sinken die Preise. Für die Konsumenten klingt dies zunächst einmal positiv, aber eine ausgewachsene Deflation ist kein Spass. Sie kann sogar in eine Rezession führen. Dies geschieht, wenn die Konsumenten nicht mehr kaufen, da sie auf sinkende Preise warten. Weil die Firmen dann weniger verkaufen, sinken die Löhne und es kommt zu Entlassungen. Die Wirtschaft gerät in eine Abwärtsspirale.

Sind Sie eine Fachkraft? Dann sind Sie Mangelware, sagt die Wirtschaft. Jedenfalls, solange Sie nicht über 50 sind. Zwar scheint die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz durch einen Fachkräftemangel bedroht, doch würde man manche inländischen Arbeitnehmer wohl besser behandeln, wenn dies tatsächlich ein gravierendes Problem wäre.

Eine Welle von Investitionen überrollt die Spitallandschaft. Milliarden von Franken werden landauf, landab verbaut. Das Ziel: Die teils schon in den Siebzigern erbauten Spitäler wieder auf Hochglanz zu polieren. Der Grund: Die Kantone stehen in einem teuren Rüstungswettlauf. Etliche wollen sich als “Gesundheitskanton” etablieren.  Nach Meinung von Experten allerdings sind viele dieser Ausgaben unnötig. Sie warnen vor einem teuren Investitionsfriedhof, den letztlich die Prämienzahler berappen müssen.

Im kommenden Herbst sind Wahlen. Da trifft es sich gut, dass die Wirtschaft durch den starken Franken zunehmend in Schieflage gerät. Denn das gibt Politikern die Chance, sich durch wirtschaftspolitischen Aktivismus zu profilieren.

30.10.2014

Süssstoffarbitrage

Bei Aldi Süd kosten 1200 Stück Süssstoff Marke Süssli (how sweet) bloss 89 Cent bzw. Fr. 1.08. Die Billiglinie von Coop bietet das günstigste Versüssungsmittel für Fr. 1.95 pro 300 Stück in der Schweiz an. Also zahle ich hierzulande Fr. 7.80 für die gleiche Menge. Mal abgesehen davon, dass das Zeugs vermutlich nicht wirklich gesund ist und dass die Chemie bei den beiden Produkten nicht identisch ist: Wie kann es sein, dass der Schweizerpreis über sieben mal so hoch ist…?

Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen und nicht umgekehrt.

Am normativen Gehalt obigen Satzes zweifelt niemand, an seiner faktischen Richtigkeit hingegen schon. – Trotz all dem Markt-Bashing darf nicht vergessen werden, dass uns die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte einen nie dagewesenen Wohlstand auf breiter Ebene gebracht hat. Die weltweite Armut ist massiv zurück gegangen und die Entwicklungsländer profitieren immer mehr vom globalen Handel. Schade, dass diese guten Nachrichten kaum Schlagzeilen machen.

How Useful is Economics — How is Economics Useful…?

Diese beiden Fragen standen am vergangenen Wochenende im Zentrum der Abschlussveranstaltung des jährlichen Treffens der Nobelpreisträger am Bodensee. In Anwesenheit von Königin Silvia von Schweden, welche zu einem Verwandtenbesuch auf die Insel Mainau gekommen war, versuchten Peter Diamond, Al Roth und Bob Merton Antworten zu finden.

Seit dem Zustandekommen der Initiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» im letzten Winter, ist die Schweizer Gesundheitspolitik wieder in Bewegung. Die Initianten wollen die heute rund 60 Kassen in der Grundversicherung abschaffen und durch eine einzige ersetzen. Sie versprechen sich von einer Einheitskasse eine bessere Behandlungsqualität sowie eine Dämpfung des Kosten- und Prämienwachstums. Die Gegner warnen hingegen vor einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens durch eine Monopolkasse. – Eine differenzierte Analyse zeigt, was davon zu halten ist.

Seit das Volk die Initiative “Gegen Masseneinwanderung” am letzten Sonntag ganz knapp angenommen hat, ist im In- und Ausland ein wahrer Medienrummel entstanden. Aufgrund des möglichen Zündstoffs hinsichtlich der bilateralen Verträge mit der EU, ist dies nicht überraschend. Allerdings scheint etwas mehr Gelassenheit am Platz. Denn was die wirtschaftlichen und wohl auch die politischen Auswirkungen anbelangt, hängt alles von der Umsetzung ab.

Wem nützt das Mammographie-Screening?

Das Swiss Medical Board* kommt in einer neuen Studie zum Schluss, dass langjährige, systematische Röntgenuntersuchungen der weiblichen Brust den Frauen mehr schaden als nutzen und deshalb nicht empfohlen werden können. Laufende Programme, wie sie in den meisten Kantonen existieren oder vor der Einführung stehen, seien deshalb nicht dauerhaft fortzuführen. – Damit hat eine langjährige Debatte neuen Aufwind bekommen, in welcher sich Befürworter und Gegner unversöhnlich gegenüber stehen. Ökonomisch gesehen ist dabei nicht nur der Kosten-Nutzen-Vergleich des Screenings interessant, sondern auch wer dafür und wer dagegen ist.

Männer mögen Zahlen und Technik. Frauen bevorzugen soziale und kreative Berufe. Dies ist nicht nur ein Klischee, sondern entspricht der statistischen Wahrheit (siehe Graphik). Über die Gründe der geschlechterspezifischen Studienwahl ist schon viel diskutiert worden und es gibt Bemühungen, Frauen vermehrt für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern. – Was hierbei gerne vergessen wird ist der Umstand, dass nicht nur das Studienfach selbst, sowie die damit verbundenen Berufsaussichten eine Rolle spielen, sondern auch die Mitstudierenden. Wer sich für eine Studienrichtung entscheidet, wählt nicht nur ein Fach, sondern auch eine Community.

Soll ein Staat möglichst schuldenfrei sein? Sollten wirtschaftlich stabile Länder wie die Schweiz oder Deutschland ihre Schulden zurück zahlen? – Ökonomisch gesehen ist die Antwort ein doppeltes Nein. Denn erstens gibt es Staatsausgaben, die über längere Zeit finanziert werden müssen und zweitens gibt es Sparer, die ihr Geld möglichst sicher anlegen möchten.

Kürzlich hat der Leiter des Collegium Helveticum „Sechs Thesen zur Typologie“ der Hochschulen aufgestellt (NZZ, 11.09.13). Aufhänger ist das neue Hochschulförderungsgesetz (HFKG). Unterschieden werden insbesondere universitäre Hochschulen und Fachhochschulen sowie zudem pädagogische Hochschulen und Kunsthochschulen.

Meine These dazu lautet, dass es diese Typologie gar nicht braucht. Auch wenn sie heute noch eine gewisse Orientierungshilfe liefert und manche Pfründe sichert, ist die Trennung in universitäre und nicht-universitäre Hochschulen ebenso künstlich, wie international ungebräuchlich. — Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet die Unterscheidung zudem, dass die Medizin und die Jurisprudenz an die Fachhochschule gehören und nicht an die Universität.

Der Unterschied zwischen Promoschn und Promotion ist offenbar nicht allen klar. Gestern war die Trash-Queen Micaela Schäfer an der Universität St.Gallen auf einer Promotionstour, um Werbung für das lokale Nachtleben zu machen.

3.06.2013

Grill-Effekt

Wer weniger verdichtet wohnt, verursacht weniger Verkehr

Die fortschreitende Zersiedelung unseres Landes, einhergehend mit stetig anschwellenden Verkehrsströmen und Staus, beruht auf einer Entmischung der drei Lebensfunktionen Wohnen, Arbeit und Freizeit. Dieser Prozess wird einerseits durch zu tiefe Preise geschürt, welche die effektiven Kosten der Mobilität auf Strasse und Schiene nicht decken und andererseits durch den laufenden Ausbau der Verkehrskapazitäten sowie durch grosszügige Einzonungen. – Der Ausbreitung des Agglomerationsbreis und dem täglichen Verkehrskollaps kann von drei Seiten her entgegen getreten werden: Durch striktere Raumplanung, durch verursachergerechte Mobilitätspreise und durch neue Formen des Bauens. Allerdings gibt es kein Allheilmittel und mit Nebenwirkungen ist zu rechnen.

23.12.2012

Gesundheitsreligion

Während die Menschen früher ihr Heil beim Pfarrer und in der Kirche suchten, scheinen hierfür heutzutage der Arzt und das Fitnessstudio zuständig zu sein. Das Unterangebot an Pfarrern, einhergehend mit einem deutlichen Rückgang der Kirchenbesuche, und das gleichzeitige Überangebot an Ärzten, einhergehend mit einem deutlichen Anstieg der Fitnessstudios, hat zu einer Verschiebung weg von traditionell-kirchlicher Religion, hin zur Gesundheitsreligion geführt. – Zu dieser aus ökonomischer Sicht gut nachvollziehbaren Einsicht gelangt der Chefarzt für Psychiatrie, Schriftsteller und Diplomtheologe, Manfred Lütz, in einer ebenso eloquent vorgetragenen, wie humorvollen und tiefsinnigen Rede*.

Dass Tiefpreisgarantien eine Möglichkeit darstellen um höhere Preise durchzusetzen, habe ich kürzlich hier diskutiert. Die Wettbewerbskommission (WEKO) untersucht nun, ob solche Garantien von den grossen Internetportalen Booking.com, Expedia und HRS bei der Buchung von Hotels dazu verwendet werden, um den Wettbewerb auszuschalten.

…nicht stoppen.

Wer bestimmt, wie viele Tankstellen oder Restaurants es bei uns gibt? Der Markt. Niemand käme auf die Idee, dass der Staat hier etwas zu suchen hätte. Es herrscht Handels- und Gewerbefreiheit in der Schweiz. Aber nicht ganz. Ein Berufsstand hat sich bislang erfolgreich gegen Liberalisierung und Wettbewerb gewehrt – die Ärzteschaft.  Während sie sich im letzten Abstimmungskampf vehement für „freie Arztwahl“ seitens der Versicherten einsetzte, wehrt sie sich noch stärker gegen die „freie Arztwahl“ seitens der Versicherer. Die aktuelle Diskussion um die Wiedereinführung des Ärztestopps in der Schweiz ist völlig unnötig, denn dieser ist nur das Ergebnis einer Kette von Regulierungen.

28.10.2012

Olympia als Konsum

Etwa ein mal pro Dekade wird die Frage gestellt, ob sich die Schweiz für die Austragung olympischer Spiele bewerben soll. Jetzt ist es wieder so weit. St. Moritz und Davos erwägen eine Kandidatur für das Jahr 2022. Die Ski-Ikone Bernhard Russi meint, dass der Zeitpunkt schon lange nicht mehr so günstig war. Russi spielt damit nicht auf die Kosten, sondern die vergabepolitische Situation beim internationalen olympischen Komitee (IOC) an.  – Ökonomisch betrachtet stellt sich eine andere Frage: Sollten wir Olympia als Investition oder als Konsum betrachten?

Tiefpreisgarantien sind beliebt. Firmen wie Fust, Media Markt, Obi oder Hornbach versprechen ihren Kunden den tiefsten Preis im Lande. Wer glaubhaft machen kann, dass ein Konkurrenzpreis tiefer ist, bezahlt nur diesen. Wer schon gekauft hat, kann die Differenz eine Zeit lang zurückverlangen. Preisgarantien werden immer häufiger. Doch was als kundenfreundliches Angebot erscheint, dient in Wirklichkeit dem Hochhalten der Preise.

“Economics is about real life …”

Today Alvin Roth got what he deserved. Which is nothing less than the Nobel Prize. Not bad for a guy who does not have a master’s degree in economics, not even a Ph.D. in economics (but in operations research).

Al is an applied economic theorist and a well known experimentalist who has published dozens of brilliant papers in all of the top academic journals. Together with John Kagel, Al edited the first Handbook of Experimental Economics that was really accessible to rookies like me.

…kann nicht schaden.

Dass zwischen Deutschland und der Schweiz gegenwärtig Spannungen herrschen, ist bekannt. Aber musste das sein? Die Schweiz als Blutlache im Auslandsjournal des ZDF… Der Redakteur Olaf Claus bemühte sich um Schadensbegrenzung, entschuldigte sich und sprach von einem peinlichen Fehler. Die Begründung allerdings, ist etwas entlarvend. …

Yes, we can!

Wechselkurs CHF/EUR: klicken zum vergrössern...Vor genau einem Jahr hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine Kursuntergrenze von 1.20 CHF zum Euro festgelegt. Dadurch wurde die fortwährende Aufwertung des Schweizerfrankens schlagartig gebremst (siehe Chart unten). Volkswirtschaftliche Schäden, wie sie bei einem Paritätskurs zum Euro – oder darunter – zweifellos entstanden wären, konnten dadurch massgeblich gemindert werden. Eine Einschätzung der aktuellen Situation habe ich kürzlich hier vorgenommen. Deshalb nur ein Wort zu den spekulativen Attacken, welche im Jahr 1 ausgeblieben sind.

Die fortschreitende Überbauung des Alpenraums ist keine nachhaltige Strategie, selbst wenn sie Landbesitzern und Bauunternehmern über Jahrzehnte hinweg ansehnliche Gewinne beschert hat. Denn sie steht in unübersehbarem Konflikt mit einem Tourismus, der zwar bauliche Infrastrukturen wie Unterkünften, Strassen und Bahnen benötigt, aber letztlich auch von einem möglichst intakten Naturraum lebt.

Die Einsicht, dass in Graubünden die Gratwanderung zwischen Landschaftsschutz und Wohnungsbau vielerorts in Richtung der Baulobby gekippt ist, setzt sich allmählich durch. Die Bündner Gemeinden und der Kanton haben bezüglich Zweitwohnungsbau viel zu lange zugeschaut, obwohl das Problem erkannt war. – Zu dieser späten Einsicht gelangt Stefan Engler, ehemaliger Chef des Baudepartements. Andere Bündner Politiker schlagen nun in die selbe Kerbe.

Statistik lügt nicht immer

Gestern sind die olympischen Spiele in London zu Ende gegangen. Schweizer Athleten haben zweimal Gold und zweimal Silber gewonnen. Dieses Ergebnis ist erfreulich, liegt aber etwas unter den Erwartungen. — Keineswegs enttäuscht hat die Gastgebernation. Die Briten haben den Heimvorteil zu nutzen gewusst und 65 Medaillen gewonnen, davon 29 Goldene. Dies entspricht fast exakt der Prognose, die ich vor Beginn der Spiele in London hier publiziert habe.

30.07.2012

Ein Schild der SNB

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat im September 2011 dieses Schild aufgestellt. Sie hat damit faktisch eine Kursuntergrenze von CHF 1.20 gegenüber dem Euro etabliert. Seither wird darüber debattiert, was die Kosten dieser Massnahme sind und ob die SNB die Kursgrenze halten könne. — Anfangs Juni hatte Ex-UBS-Chef Oswald Grübel erklärt, dass der Mindestkurs «langfristig nicht durchsetzbar» sei. Und soeben hat eine Umfrage ergeben, dass viele Finanzchefs von Schweizer Unternehmen offenbar glauben, dass die SNB die Kursgrenze «nicht wird halten können». Was ist davon zu halten?

Obwohl nach im benannt, ist die Eurokrise keine Krise des Euros, sondern eine Schuldenkrise einiger Euro-Länder. Dies hat die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Bericht zur internationalen Rolle des Euro soeben bestätigt.

Wie viele Medaillen werden die Briten in London gewinnen?

In vielen Sportarten existiert ein Vorteil zugunsten der heimischen Athleten und Teams. Auch bei olympischen Spielen. So haben die Kanadier 2010 in Vancouver mehr Edelmetall gewonnen als je zuvor.  Und dieses Jahr werden die Briten von ihrem olympischen Heimvorteil profitieren. Jedenfalls wenn sie sich an die Statistik halten. Dann könnten in London gut 60 Medaillen drin liegen. – Besonders ausgeprägt scheint der Vorteil beim Gold zu sein. China konnte seinen Goldsegen von 32 Medaillen in Athen 2004 auf 51 Medaillen bei den heimischen Sommerspielen 2008 steigern. Den Briten verspricht die Statistik für dieses Jahr rund 28 Goldmedaillen. Aber nur, falls die Nerven der Athleten nicht vor heimischem Publikum versagen.

Kommentar zur Abstimmung über die Managed Care Vorlage

Das Volk und die Stände haben die Managed Care Vorlage heute wuchtig verworfen. Das allseits prognostizierte Scheitern ist eingetreten. Nachdem sich viele ehemalige Befürworter in den letzten Monaten abgewandt hatten, gab es keine schlagkräftige Pro-Lobby mehr. Was die Gesundheitspolitiker aller Parteien in 8 Jahren ausgearbeitet hatten, war ein Kompromiss, der bei den eigenen Parteimitgliedern nicht gut ankam. Der überparteiliche Konsens von Sommaruga, Bortoluzzi, Gutzwiller und Humbel zerbrach am Widerstand der Nicht-Gesundheitspolitiker und der geballten Vetomacht der Ärzteschaft.

Bei der Kommunikation rund um die Managed-Care Vorlage vom 17. Juni hapert es. Die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben noch nicht entschieden, ob sie JA oder NEIN einlegen sollen, denn viele wissen nicht, worum es in dieser Vorlage überhaupt geht. In der Sendung 10vor10 habe ich versucht, die wichtigsten Punkte zu klären: Videoportal SF; weitere Infos und Links hier. — Wer sich für die geplanten Anpassungen des Selbstbehalts interessiert, liesst bitte weiter…

Am 17. Juni 2012 wird über die Managed-Care-Vorlage abgestimmt. Im Vorfeld wächst der Widerstand. Aufgrund eines geschickten Lobbyings bröckelt der ehemals breite politische Konsens. Befürworter werden zu Gegnern einer Vorlage an der das Parlament 8 Jahre gearbeitet hat. Ein klares JA an der Urne bedeutet einen kleinen, aber wichtigen Schritt zur Qualitätsförderung, zur Kostendämpfung und zur Stärkung der Hausarztmedizin. (Eine gekürzte Fassung dieses Interviews ist heute in der Sonntagszeitung erschienen.)

…sind kein Widerspruch

Momentan wird in der öffentlichen Debatte um die Finanzkrise in Europa so getan, als ob Sparen wirtschaftliches Wachstum verhindern würde. Wenn Europa so viel spart, kann es nicht mehr wachsen, meinte kürzlich etwa der Keynesianer Joseph Stiglitz. Das ist Unsinn, denn solide Staatshaushalte sind eine Voraussetzung für langfristiges Wachstum. Mit zusätzlichen Schulden lässt sich dieses nicht herbeizaubern. Voodoo-Economics gehören in den Zoo.

Sparen ist in aller Munde. Italien, Spanien und Holland sparen. Irland und Portugal so wie so, und Griechenland erst recht. Nur die Schweiz nicht. Sie plant Milliarden für neue Kampfflugzeuge auszugeben. Wie geht das?

Kostenwachstum, Gesundheitsprävention und drei zentrale Fragen für die Gesundheitspolitik

Endlich ist es amtlich. Es gibt nur einen sicheren Weg, um das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu bremsen, nämlich gesund zu sterben. Krankheiten verursachen Krankheitskosten – die oft als Gesundheitskosten bezeichnet werden – und diese nehmen tendenziell mit dem Alter zu. Dies zeigen die Langfristperspektiven des Bundes, die kürzlich von BAG und EFV vorgestellt wurden. Gemäss dieser Studie könnte der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) von heute 11% auf 17% im Jahre 2060 steigen.

Gegenwärtig wird wieder einmal über unsere Pensionskassen diskutiert. Diese verwalten über 600 Milliarden Franken an Geldern von aktuellen und zukünftigen Rentnern. Reformvorschläge zielen auf eine Senkung des Umwandlungssatzes sowie eine Erhöhung des Rentenalters. Diese Rezepte der Arbeitgeber sind ebenso hinlänglich bekannt, wie die reflexartig bezogenen Gegenpositionen der Gewerkschaften. Ein Aspekt der in dieser Diskussion allerdings fehlt, betrifft etwas anderes: den fehlenden Wettbewerb.

Wodurch kennzeichnet sich ein Markt mit i) wenigen Anbietern, ii) spezialisierten Produkten, die nur von einer bestimmten Konsumentengruppe nachgefragt werden, welche aber iii) auf die Produkte angewiesen ist und deshalb eine hohe Zahlungsbereitschaft hat? — Die Antwort müsste jede(r) Erstsemestrige problemlos geben können. Der Kassensturz gab mir dafür 12 Sekunden Zeit…

Gestern hat mich das Schweizer Stimmvolk gleich zwei mal positiv überrascht. Zum einen wurde die 6-Wochen-Ferien-Initiative deutlich an der Urne verworfen — was zeigt, dass nicht jeder Populismus mehrheitsfähig ist. Zum anderen wurde die Zweitwohnungsinitiative hauchdünn angenommen. — Heute überrascht mich die Credit Suisse mit einer Studie über den schweizweiten Anteil von “Zweitwohnungen”. Die Banker haben da etwas berechnet, was man eigentlich noch gar nicht berechnen kann…

Bei der Einführung der Kursuntergrenze für den Euro gegenüber dem Fanken gab es im September 2011 viele Vermutungen und Befürchtungen bezüglich der Kosten einer solchen Intervention. Nun hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in ihrem Rechenschaftsbericht vom 8. März 12 diesbezüglich erstmals Zahlen offen gelegt.

Wie schafft es der Detailhandelsriese Coop seine eigene Kundschaft in Rage zu versetzen und in kürzester Zeit über 400 negative Online-Kommentare zu kassieren?

In den Medien werden die Rückkehr Asiens auf die Weltbühne und der Niedergang des Westens heraufbeschworen; vgl. meine Nachlese zum WEF. Betrachtet man die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kürzlich publizierten BIP- und Wachstumsdaten genauer, ist Zurückhaltung geboten. Zwar wird China bezüglich seines Anteils an der globalen Wirtschaftsleistung die USA in ein paar Jahren eingeholt haben. Dennoch wird es selbst unter sehr optimistischen Annahmen noch einige Jahrzehnte dauern, bis die Asiaten die westlichen Länder bezüglich des BIP pro Kopf eingeholt haben. ‒ Dies wird hoffentlich nie geschehen, denn die Folgen für Ressourcen und Umwelt wären verheerend.

Kleine Nachlese zum WEF 2012

Am World Economic Forum (WEF) in Davos trafen sich im Januar viele wichtige Leute, um über viele wichtige Dinge zu sprechen. Wie jedes Jahr kommt dabei nicht wirklich was heraus. Jedenfalls dringt es nicht nach aussen, denn schliesslich ist es ein Networking-Event der „global Leaders“. Immerhin hat das Schweizer Fernsehen zwei Personen vors Mikrofon bekommen, die der Moderator als die „intelligentesten Denker am WEF 2012“ bezeichnete. Was Niall Ferguson und Kishore Mahbubani über den Abstieg des Westens und den Aufstieg Asiens sagten, hat mich eher irritiert und einiges scheint mir fragwürdig – jedenfalls ökonomisch gesehen.

14.01.2012

Freibier für alle!

Eine Umfrage der deutschen Biertrinkerpartei hat ergeben, dass sich 87,3% der männlichen Bevölkerung tiefere Preise für Gerstensaft wünscht. Die Partei hat prompt reagiert und verlangt in einer Initiative „Mehr Freibier für alle.”

Laut einer Umfrage des Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse wünschen sich drei Viertel der Bevölkerung und fast 90 % der Erwerbstätigen mehr Ferien. Nur gerade 14 % sind mit dem Status Quo zufrieden. Der Verband lanciert deshalb die Initiative “Mehr Ferien für alle“.

Wenn sich ein paar Kranke gemeinsam ins Bett legen, wird davon keiner gesund. Und selbst wenn man einige Gesunde darunter mischt, hilf das kaum. So ist es auch mit den Eurobonds. Die wurden heute vom EU-Kommissionspräsidenten Barroso wieder einmal aufgewärmt hat; vgl. NZZ. Die Strukturschwächen und Konstruktionsfehler der EU und der Euro-Zone lassen sich damit nicht beheben. Das Leiden wird höchstens verlängert, Reformen werden verzögert, Gesunde werden angesteckt. – Dennoch besteht ein Fünkchen Hoffnung.

Die Ökonomie ist die Königsdisziplin der Sozialwissenschaften. Mein Kollege Ernst Fehr, der diesen Standpunkt vertritt, traf kürzlich auf den Philosophen Richard David Precht. Die Diskussion dieser beiden Exponenten, welche ich beide ausserordentlich schätze, ist im Videoportal von SF abrufbar. Eine sehr spannende und inspirierende Debatte von zwei führenden Wissenschaftlern.

ChappatteMan kann den Finanzmärkten ja so einiges vorwerfen. Manchmal sind sie launisch. Manchmal bilden sie Blasen. Aber letztlich schaffen sie etwas, das kein Parlament, keine Regierung und kein Stabilitätspakt garantieren kann: sie sorgen für finanzpolitische Disziplin. Ohne den Druck der Finanzmärkte würde das Schuldenmachen in Europa und den USA munter weiter gehen. Berlusconi und Papandreou wären noch im Amt. Patrick Chappatte hat dies in der «International Herald Tribune» treffend bildlich dargestellt.

Wie schlecht geht es eigentlich dem Euro?

Momentan ist die Euro-Krise in den Medien allgegenwärtig. Für eine angeblich kranke Währung hält sich der Euro allerdings erstaunlich gut. Die Medien verwechseln die Finanzprobleme einiger Staaten der Eurozone mit einer vermeintlichen Währungsschwäche.

10.10.2011

Pyros und Anreize

Warum “Nulltoleranz” gefährlich sein kann

Das Abbrennen von Pyro-Fackeln in der Nähe von Menschen kann lebensgefährlich sein und ist deshalb in Fussballstadien verboten. Dennoch schaffen es einige Leute fast bei jedem Spiel, Pyros ins Stadion zu schmuggeln. Die Verantwortlichen sind offenbar nicht in der Lage, strikte Kontrollen durchzuführen. Und die Richter sind sich darüber uneins, ob das Mitführen von Pyros bereits eine strafbare Vorbereitungshandlung ist oder nicht. Deshalb fragt sich, mit welchen Regeln man die richtigen Anreize setzen könnte, um Pyros in Stadien zu verhindern.

25.09.2011

Selbstdemontage

Recycling ist an sich eine gute Idee — beispielsweise wenn die Umwelt durch Wiederverwendung gebrauchter Flaschen geschont wird. Bei Menschen ist Vorsicht geboten. Wenn ehemalige Stars ins Rampenlicht zurück kehren ist die Gefahr gross, dass sie scheitern.

Das Verhalten mancher Banker gereicht immer mehr zur Schande für die Schweiz. UBS und CS haben durch ein Geschäftsgebaren das im rechtlichen Graubereich liegt oder teilweise rundweg illegal ist, der Reputation unseres Landes Schaden zugefügt. Unsere Vertrauenswürdigkeit und der gute Ruf wurden langjährig und systematisch missbraucht, um gewinnbringende Geschäfte zu tätigen. Zwar war daran vermutlich nur ein kleiner Teil der Belegschaft beteiligt, doch sind die internen Kontrollen zu lasch oder man hat auf der Führungsetage weggesehen. — Allzu lange haben auch Öffentlichkeit und Politik beide Augen zugedrückt. Schliesslich waren die Banken gute Steuerzahler, wichtige Arbeitgeber und nicht zuletzt gute Lobbyisten.

Was ich vor gut einem Monat in diesem Blog erstmals breit diskutiert habe und zwischenzeitlich immer mehr Befürworter fand, ist heute Realität geworden. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat soeben eine Untergrenze von 1.20 CHF für den Euro festgelegt. — Wie zu erwarten, ist der Kurs am Markt unverzüglich auf diesen Wert gesprungen. Was aussieht wie Magie, ist eigentlich nur ökonomische Logik.

22.08.2011

Ein Lesetipp…

…und die Ökonomie des Zölibats

Manchmal werde ich von Bloglesern nach Lesetipps gefragt. Wer Spass daran hat, verschiedene Aspekte des menschlichen Lebens aus ökonomischer Perspektive zu sehen, dem empfehle ich Freakonomics wärmstens.

Der Ökonom Steven D. Levitt (Uni of Chicago) und der Autor Stephen J. Dubner haben drei Bücher verfasst, in denen Themen welche scheinbar nichts mit Ökonomie zu tun haben, ökonomisch analysiert werden. Motto: The hidden side of everything. Es existiert auf der Website auch ein Blog.

…der Konsumenten auf die Detaillisten – Droht nun Deflation?

Schon im Mai 2011 hatte ich in diesem Blog dafür plädiert, dass die Schweizer Konsumenten vermehrt im Euroland einkaufen sollten, um unsere Importeure und Detaillisten dazu zu bringen, die Vorteile des starken Frankens endlich in Form tieferer Preise weiter zu geben; vgl. Blogeintrag.

Damals war ich allein auf weiter Flur. Später war auch Bundesrat Schneider dieser Meinung und erntete damit wenig Applaus. Doch die Konsumenten haben mitgespielt, fleissig im Ausland eingekauft, sodass nun die Grossverteiler Migros und Coop ihre Preise senken. — Droht uns nun eine Deflation?

Heute hat die SNB bekannt gegeben, dass sie die Liquidität an Schweizerfranken weiter erhöht. Sie hatte das selbe bereits vor einer Woche getan — allerdings ohne Wirkung auf den Frankenkurs — sodass die Geldmenge innert Wochenfrist um 90 Mrd. CHF gestiegen ist.

Um den Anstieg der Frankenliquidität zu beschleunigen, wird die Nationalbank zusätzlich Devisenswap-Geschäfte abschliessen.* Damit interveniert die SNB wiederum am Devisenmarkt (wenn auch mit einem anderen Instrument als zuletzt, d.h. ab 2010), ohne eine zu erreichende Kursgrenze anzugeben. Dies könnte sich als kontraproduktiv erweisen.

Die Einführung von Fallpauschalen bei Spitalbehandlungen bietet die Chance, unser Gesundheitswesen kostengünstiger zu machen und zugleich dessen Qualität zu steigern. Dies mag nach dem Wunschbild eines optimistischen Gesundheitsökonomen klingen, ist aber durchaus realistisch, wenn an der richtigen Stelle angesetzt wird – zum Beispiel bei den medizinischen Komplikationen. Zudem müssen die Fallpauschalen anreizkompatibel ausgestaltet sein.

Nationalbank wagt es (noch) nicht, die Notbremse zu ziehen

Der hohe Kurs des Schweizer Frankens drückt nicht nur auf die Exportindustrie, sondern auch auf unsere Nationalbank (SNB). Gestern hatte ich hier die Chancen und Gefahren eines Wechsels in der Geldpolitik diskutiert. Heute hat die SNB reagiert, indem sie die Zinsen senkt und mehr Liquidität zur Verfügung stellt; vgl. Medienmitteilung.

Der Wert des Schweizer Frankens steigt unaufhaltsam. Heute war ein Euro erstmals für 1.08 CHF zu haben. Die „magische Grenze“ von 1.40 CHF liegt weit hinter uns und die Frankenstärke beherrscht den Wirtschaftsteil der Presse. Denn es ist offensichtlich, dass ein derartiger Höhenflug über kurz oder lang Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft kosten wird. Deshalb mehren sich die Stimmen, die einen Wechsel der Geldpolitik der Nationalbank (SNB) fordern. Welche Chancen und Gefahren hat ein solcher Wechsel?

Viel hilft viel. Unter diesem Motto scheint letzte Woche der EU-Sondergipfel zur Rettung Griechenlands und des Euros in Brüssel gestanden zu haben. Der Rettungsschirm wurde um rechnerische 109 Milliarden Euro zum Rettungsballon aufgeblasen. Das ist alter Wein in gebrauchten Schläuchen. Neu ist einzig die „freiwillige“ Beteiligung privater Banken, Versicherungen und Fonds. Doch ist diese mit Fallstricken verbunden. Vor der richtigen, weil notwendigen Massnahme eines echten Schuldenschnitts ist man in Brüssel hingegen zurück geschreckt.

Heute wurde bekannt gegeben, dass sich die drei grossen Kankenversicherer der Schweiz, Sanitas, Groupe Mutuel und Helsana, zu einem neuen Verband zusammen geschlossen haben. Unter dem Namen Allianz Schweizer Krankenversicherer wollen diese Kassen gemeinsam für mehr Wettbewerb kämpfen.

…weder bei anderen, noch bei Dir selbst!

So lautet das erste Gebot des Ehrencodex der Wissenschaft. Und wer doch abschreibt, muss es unmissverständlich deklarieren. Das nennt sich zitieren und gilt für Studenten wie Professoren gleichermassen.

Die Debatte um die «Too big to fail»- Problematik der Banken läuft ungebremst. Man erinnert sich: im Oktober 2010 hatte eine bundesrätliche Kommission einen Vorschlag für schärfere Eigenkapitalvorschriften der Grossbanken vorgelegt. Meine spontane Reaktion bestand darin, die strengeren Vorschriften als Chance für ein solides Swiss Banking zu verstehen;  vgl. Blogeintrag vom 4.10.10. Das Motto der betroffenen Banken sollte lauten:

Die Jungen Grünen haben beschlossen, ihr Volksbegehren zum Verbot von Offroadern bedingt zurückzuziehen. Falls der indirekte Gegenvorschlag der eidgenössischen Räte in Kraft tritt, wollen sie auf eine Volksabstimmung verzichten; vgl. 10vor10.
Aus liberaler Sicht ist das erfreulich. Nicht alles was verboten werden kann, muss auch verboten werden. Ökonomisch gesehen reicht es, die negativen Externalitäten von Fahrzeugen mit einem entsprechenden Preis zu versehen. — Doch fragt sich, ob die vom Parlament beschlossene Teilrevision des CO2-Gesetzes tatsächlich die richtigen Anreize setzt.

27.06.2011

Lobbyisten Unsinn

Interessenvertreter vertreten Interessen. Daran ist an sich nichts auszusetzen. Allerdings greifen sie gelegentlich zu Argumenten, die – ökonomisch gesehen – absurd sind. In der letzten Woche bin ich zwei schönen Beispielen aus dem Umweltbereich begegnet.

Die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer ist eines der politisch heissesten Themen im (Wahl)Jahr 2011. Der Hunger der Wirtschaft nach qualifizierten Arbeitskräften und die Attraktivität der Schweiz haben seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU zu einem positiven Migrationssaldo geführt.  Doch ist die Zuwanderung für unser Wirtschaftswachstum zwingend?

Mit der Umsetzung der „neuen Spitalfianzierung“ beginnt im nächsten Jahr ein neues Kapitel in unserem Gesundheitswesen. Neben der Einführung der Fallpauschalen für stationäre Spitalleistungen gibt es eine Reihe weiterer Änderungen, deren Auswirkungen vorerst unklar sind. Doch statt einer systematischen Überwachung der Entwicklung, startet die Schweiz einen gesundheitspolitischen Blindflug. Denn die Akteure im Gesundheitswesen haben es verpasst, eine wissenschaftliche Begleitforschung zu etablieren. So wird das Schwarze-Peter-Spiel munter weiter gehen.

An meiner Tankstelle herrscht fast jede Woche ein anderer Literpreis. Doch in vielen Märkten passen sich die Preise für Konsumgüter mit zeitlicher Verzögerung an. Im Fachjargon wird von „sticky prices“ gesprochen. Preisschilder und Preislisten sind oftmals vorgedruckt. Und die Anbieter zögern mit Preisanpassungen, vor allem nach unten.

Dabei gäbe es bei uns einigen Grund für Preissenkungen. Denn der Import von Waren aus dem Ausland wird aufgrund des starken Frankens immer günstiger. Im letzten Jahr sind alle wichtigen Währungen im Vergleich zum Franken schwächer geworden.; vgl. nachfolgende Graphik der Nationalbank (SNB).

Ab nächstem Jahr werden Spitalleistungen in der Schweiz über Fallpauschalen abgegolten. Statt dass bei einem Eingriff jeder Handgriff und jedes Pflästerli einzeln abgerechnet wird, erhält das Spital eine Pauschale für den gesamten Eingriff, weitgehend unabhängig vom effektiven Aufwand. Damit soll der Anreiz gemindert werden, medizinisch unnötigen Aufwand zu betreiben, wie etwa Patienten übermässig  lange im Spitalbett zu behalten, nur um Einnahmen zu generieren.

Am letzten Freitag stellte der Chefarzt eines Zürcher Regionalspitals, Christian Hess, in der TV-Sendung Arena die Behauptung auf, dass Fallpauschalen zur Überbehandlung von relativ gesunden Menschen führen.* Diese Aussage ist Unsinn und wirft ein schräges Licht auf das Gebaren, welches gemäss Hess in manchen Spitälern herrscht.

Über die hohen Kosten unseres Gesundheitswesens ist schon viel geklagt und geschrieben worden. Mangelnder Wettbewerb, demographische Alterung und medizinischer Fortschritt beeinflussen die Kostenentwicklung. Beim Vergleich mit dem Ausland stechen aber weitere Faktoren hervor, über deren Bedeutung und Kostenrelevanz man sich hierzulande weniger bewusst ist.

Die Schweiz kennt nämlich kaum Wartelisten. Zudem gewährt sie freien Zugang zu praktisch allen medizinischen Leistungen und obendrein die freie Arztwahl. In Ländern mit tieferen Gesundheitskosten ist dies anders.

Gastbeitrag von Doc Wight, Melbourne

Dear Readers,
Tilman Slembeck travels Australia examing its economy but fails to point out to his readers the destruction he causes Australian breweries by having only one light beer each night. This has a micro impact on our macro economy and will reflect badly on Australian-Swiss relations. What Australian only has one beer a day when travelling in Switzerland or when setting up a secret bank account.

Australien ist ein erstaunliches Land. Neuerdings kann hier ein Koch wesentlich mehr verdienen als die Premierministerin Julia Gillard. Sie kommt auf 355‘000 AU$ pro Jahr, während ein Koch bis zu 445‘000 AU$ und ein Wäschereihelfer 424‘000 AU$ verdienen kann. Nominell entspricht das etwa dem selben Betrag in Schweizer Franken, wobei die Steuern und Abgaben leicht höher sind als bei uns. Spitzenreiter sind Schiffsschweisser, die bis zu 500‘000 AU$ verdienen; vgl. The Australian. — Wie kann das sein?

Im Zusammenhang mit den Ereignissen in Japan — aber auch jenen in den Maghreb-Staaten — wird gegenwärtig in den Medien die Metapher des “schwarzen Schwans” bemüht. Meist wird dieser so definiert, dass es sich um ein “völlig unvorhergesehenes Ereignis mit weitreichenden Wirkungen” handelt. Auch plötzliche Börseneinbrüche oder Kriege werden als schwarze Schwäne bezeichnet und es wird davor gewarnt, dass viele davon auf uns lauern. — Allerdings sind all diese Beispiele fehl am Platz.

Am 21. März 2010, also vor ziemlich genau einem Jahr, schrieb ich den ersten Beitrag in diesem Blog. Zum Jubiläum etwas Statistik. Dieser Blog hat inzwischen

  • 68 Artikel (also gut 1 Artikel pro Woche)
  • 84 Kommentare (viele von mir, keiner von einer Frau geschrieben)
  • ca. 18′000 Besucher pro Monat

Medien lieben den Durchschnitt. Gerne wird er zum Vergleich beigezogen, obwohl er in vielen Situationen irrelevant, nicht aussagekräftig oder gar irreführend ist.
Beim Wetter wird uns zum Beispiel berichtet, dass der vergangene Monat im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt zu warm oder trocken war. Zwar mag eine solche Aussage korrekt sein, doch ist sie belanglos. Denn es ist ein Zufall wenn die Temperatur oder Niederschlagsmenge eines bestimmten Monats genau dem Durchschnitt entspricht. Abgesehen von reinen Zufällen ist also jeder Monat wärmer oder kälter als der durchschnittliche Monat. Die Journalisten müssen trotzdem die Seiten füllen.

16.03.2011

Noteninflation

Gemäss einer neuen Studie führt ein hoher Anteil ausländischer Studierender mit schlechten Englischkenntnissen dazu, dass in Australien die Studienleistungen sinken. Schon seit einiger Zeit litten die hiesigen Hochschulen unter einem Schwund an internationalen Studenten, der unter anderem mit dem starken Aussie-Dollar erklärt wurde. — Vor allem die Asiaten gingen häufiger nach Europa, v.a. Grossbritanien, zum Studium.

Wer eine Hotelübernachtung bucht, kauft ein Leistungsbündel. Ökonomen sprechen deshalb von „bundling“. Im Laufe der Jahre hat sich das Bündel massgeblich erweitert. Ein eigenes Bad und WC gehören heute bei einem normalen Hotelzimmer ebenso dazu wie Handtücher, elektrischer Strom und heisses Wasser. Das war nicht immer so. Früher gab solches nur gegen Aufpreis und die Klimaanlage oder der Fernsehapparat mussten bei Bedarf mit Münzen gefüttert werden.

Im Januar wurde Queensland im Nordosten von Australien von riesigen Überschwemmungen heimgesucht. Anfangs Februar kam dann noch der Zyklon Yasi dazu, der als Jahrhundertsturm in die australische Geschichte einging; siehe. — Die Folgen sind unter anderem ökonomischer Art. Wie lange sie andauern, hat aber auch einiges mit Psychologie zu tun.

Australien ist ein glückliches Land – makroökonomisch gesehen jedenfalls. Die Arbeitslosenrate beträgt 5%, die Inflation 2.7% und die Wirtschaft wuchs im letzten Jahr mit 2.8%. Also alles im moderaten, grünen Bereich.

Am Wochenende berichteten die Medien aber über massive Probleme bei der Beschaffung neuer Arbeitskräfte im Bergbau. Dort sollen in den nächsten Jahren 250‘000 neue Jobs geschaffen werden. Qualifizierte Mitarbeiter fehlen allerdings weitgehend. – Solche Probleme kennen wir in der Schweiz sonst nur aus dem Gesundheitswesen und der Informationstechnologie.

Welche Regionen der Erde sind wirtschaftlich stark entwickelt? Wie verteilt sich die wirtschaftliche Aktivität über den Erdball? – Die Antworten findet man nicht nur im Wirtschaftsatlas, sondern auch beim Blick auf unseren Planeten bei Nacht. Denn dann zeigen sich die belebten Gebiete anhand der Lichter der grossen Städte und Agglomerationen. Und hierin spiegel sich zu einem grossen Teil auch die Verteilung der wirtschaftlichen Aktivität einer Region wider.

In Peking sind Verkehrswege knapp. Es herrscht permanenter Stau. Die Stadtverwaltung verlost deshalb neuerdings die Autonummern. Gemäss NZZ bewarben sich letzte Woche bei der ersten Pekinger Nummernschild-Lotterie 210′000 Interessenten um 17′600 Neuzulassungen. — Für die Zuordnung (sog. Allokation) der knappen Strassenkapazitäten wurde hier ein Mechanismus gewählt, der in empirischen Untersuchungen relativ schlecht wegkommt, weil er als unfair empfunden wird.

Das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard (UVEK) hat letzte Woche zwei Initiativen lanciert, die zu reden geben. Zum einen soll die Mobilität im Lande schrittweise verteuert werden. Zum anderen soll der Zersiedelung des Landes durch striktere Raumplanung und verstärkte Koordination Einhalt geboten werden. Beides hat ganz zentral mit Ökonomie zu tun.

Firmen die Verluste machen, schütten keine Gewinne aus und zahlen keine Boni. Normalerweise jedenfalls. Bei Banken ist das anders. So hat es die UBS geschafft, Boni auszubezahlen, die in ihrer Summe etwa gleich hoch waren wie die Verluste. Dies führte 2008 und 2009 zu einigen Diskussionen; vgl. NZZ.

Zum Wochenende hat nun auch die Nationalbank (SNB) bewiesen, dass sie keine normale Firma ist.

«Vertrauenszahnärzte prangern Raubbau am Sozialstaat an»

Im Kanton Aargau spielt sich erstaunliches ab. Gemäss Aargauer Zeitung vom 5.1.11 sind alle vier kantonalen Vertrauenszahnärzte kollektiv von ihrem Amt zurückgetreten. Sie werfen der zuständigen Regierungsrätin in einem Schreiben vor, «dass Sie in keiner Weise an einer kostengünstigen und gerechten zahnmedizinischen Versorgung interessiert» sei. Man sehe sich «moralisch wie auch ethisch» ausserstande, neue Richtlinien umzusetzen und sich damit «am Raubbau am Sozialstaat» zu beteiligen.

…steigen sie. Im November 2010 hat das Bundesamt für Statistik fast unbemerkt eine Zunahme der Kosten im Jahre 2008 um satte 3.2 Milliarden Franken bekannt gegeben. Dieser Anstieg von rund 6% gegenüber dem Vorjahr war der Presse keine Schlagzeile wert. Deshalb einige grundlegende Gedanken zum Jahresbeginn.

Zwei wichtige Ergänzungen zum Thema “Quantitative Easing” der US-Notenbank FED:

  1. Gemäss seinem Chef, Ben Bernanke, druckt das FED gar kein Geld.
  2. Falls das FED doch Geld druckt, gibt es technische Probleme.

=> Video anschauen…

Die Hoffnungen auf Kostenlinderung ruhen im Schweizer Gesundheitswesen momentan auf der Managed-Care-Vorlage. Ärztenetzwerke sollen helfen, das Kostenwachstum in der Grundversicherung in den Griff zu bekommen. Mit einem differenzierten Selbstbehalt will man die Versicherten zum Beitritt bewegen. Gesundheitsökonomisch gesehen ist das der richtige Weg.

Ebenso wichtig ist es aber, den Netzwerken Budgetverantwortung zu übertragen und Anreize für Gesundheitsprävention und –vorsorge zu setzen. Daran hapert es noch — denn die Schweizer sind Bindungsscheu.

Wer schafft es, den russischen Präsidenten Putin in kürzester Frist nach Zürich zu locken und Schwiizerdütsch sprechen zu lassen? König Fussball. Der regiert die Mächtigen. Und wird seinerseits vom Geld regiert.

Ökonomisch gesehen ist dies eine triviale Einsicht. Schade nur, dass die Fifa nicht offen dazu steht. Statt einen aufwendigen Schönheitswettbewerb zu veranstalten, könnte sie die Austragungsrechte ganz einfach versteigern. Das wäre ehrlicher und transparenter.

Kategorien