11.02.2014

Medien-Hype zur Einwanderungsinitiative

Seit das Volk die Initiative “Gegen Masseneinwanderung” am letzten Sonntag ganz knapp angenommen hat, ist im In- und Ausland ein wahrer Medienrummel entstanden. Aufgrund des möglichen Zündstoffs hinsichtlich der bilateralen Verträge mit der EU, ist dies nicht überraschend. Allerdings scheint etwas mehr Gelassenheit am Platz. Denn was die wirtschaftlichen und wohl auch die politischen Auswirkungen anbelangt, hängt alles von der Umsetzung ab.

Die am 9. Februar mit 50.3% angenommene Verfassungsänderung hält bezüglich Regulierung der Zuwanderung insbesondere folgendes fest:

Die jährlichen Höchstzahlen und Kontingente für erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer sind auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz unter Berücksichtigung eines Vorranges für Schweizerinnen und Schweizer auszurichten…

Genau und wörtlich genommen ist damit noch nicht viel gesagt. Aufgrund der notwendigen Rücksichtnahme auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen, bestehen bei der Umsetzung vielerlei Spielräume.

Es scheint absehbar, dass nach gut helvetischer Manier ein Weg gefunden wird, mit dem letztlich alle leben können. Aufgrund des knappen und wohl auch etwas zufälligen Ergebnisses*, werden auch die Initiaten bei der Umsetzung massvoll bleiben müssen.

Bezüglich des Hype in den internationalen Medien scheint mir folgende Frage interessant:

Wenn man die gleiche Abstimmung in Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, den Niederlanden oder Italien durchführen würde — was wäre in diesen Ländern das Resultat?

Ich würde auf ein ähnliches Ergebnis wetten.

*Wenn 9′764 Stimmbürger nein statt ja gesagt hätten, wäre die Vorlage abgelehnt worden. (gemäss vorläufigem amtlichem Endergebnis)

Kommentare

Tja, was wäre in Deutschland das Resultat? Es kommt wohl darauf an, wie geschickt es den Initianten gelänge, Ängste und Ressentiments zu schüren und auf “die Ausländer” zu lenken. Grundsätzlich sprechen Umfragen dafür, dass eine deutliche Mehrheit die Niederlassungsfreiheit in EU-Europa noch immer als grosse Errungenschaft betrachtet. Ich möchte mich auch dazu zählen.
Als Deutscher in der Schweiz weiss ich wohl, dass meine Staatsbürgerschaft (die ich erst nach ca. 15 Jahren ändern kann) hier ein Handikap ist. Und ich weiss auch, dass “Vorrang für Schweizer” eben Benachteiligung von Ausländern bedeutet – auch für solche, die schon lange hier leben und eine neue Stelle suchen wollen oder müssen.
Zur Benachteiligung gehört auch der erschwerte Familiennachzug. Wollte ich meinen Vater oder meine Schwiegermutter im Alter zu mir nehmen, könnte das künftig am Kontingent scheitern.
Die Leserbriefspalten vieler Medien (in der Schweiz) zeigen sehr deutlich, dass eine Ausgrenzung und Ablehnung von Ausländern bei der knappen Annahme der Initative sicherlich eine (angesichts der Zahlen: entscheidende) Rolle gespielt hat, auch wenn weitere Motive im Spiel gewesen sein mögen.
Ich bin über dieses Votum und die Einstellungen, die sich darin äussern, bestürzt und traurig. Also quasi “Teil des Hypes”.
Freundschaftliche Grüsse

P.S. Ich finde es schade, wenn dieses Thema ganz überwiegend aus der wirtschaftlichen Perspektive (der Schweiz) betrachtet wird. Diese Kritik wendet sich natürllich nicht gegen Dich, denn das hier ist ja gerade ein Ökonomenblog. Nach meinem Eindruck schätzen viele Schweizer die Stimmung in der EU und in D übrigens zu optimistisch ein; Internet-Leserbriefe und Medien greifen dankbar jeden auf, der das okay findet oder sich nicht daran stört. Nach meiner Wahrnehmung gibt es aber ein grosses Bedürfnis, dass die EU sich nicht “austricksen” lässt. Die Schweiz war auch vor der Ablehnung des Steuerabkommens für mich völlig unverständlich bis zuletzt optimistisch. Auch jetzt denke ich, dass eine Vertragsänderung nach den Wünschen der Schweiz nicht “drin” ist, und dass am Ende der wirtschaftliche Preis hoch sein könnte. Der politische aber noch mehr, die Zahl der Verbündeten der Schweiz nimmt ab.

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