2.03.2015

Mythos Fachkräftemangel

Sind Sie eine Fachkraft? Dann sind Sie Mangelware, sagt die Wirtschaft. Jedenfalls, solange Sie nicht über 50 sind. Zwar scheint die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz durch einen Fachkräftemangel bedroht, doch würde man manche inländischen Arbeitnehmer wohl besser behandeln, wenn dies tatsächlich ein gravierendes Problem wäre.

Dies betrifft vor allem Personen jenseits der 50 und viele qualifizierte Frauen, die nach einer Familienpause den Wiedereinstieg ins Berufsleben suchen. Sie bilden den bei weitem grössten Pool an Fachkräften, der unausgeschöpft ist.

Dies haben kürzlich auch die Dachverbände erkannt. Sie wollen nun Firmen dazu bringen, die Berufserfahrung altgedienter Mitarbeiter möglichst lange zu nutzen. Ein Umdenken wird aber nicht ganz einfach sein, denn bisher konnten sich die Firmen auf einen Zustrom neuer Arbeitskräfte aus dem Ausland verlassen.

Und wer kümmert sich endlich um die Wiedereinsteigerinnen? Etwa im Gesundheitswesen besteht hier ein riesiges Potential. Bessere Arbeitsbedingungen und mehr Krippenplätze würden auch dazu führen, dass weniger Frauen die Berufswelt verlassen.

Da hat die Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung ausnahmsweise etwas Gutes. Sie zwingt die Arbeitgeber, sorgfältiger und wertschätzender mit den einheimischen Frauen und älteren Arbeitnehmern umzugehen.

Weniger positiv ist allerdings die Aufwertung des Frankens, welche zu einer Abkühlung der Wirtschaftsentwicklung führen wird. Weil damit vorübergehend auch weniger Fachkräfte gebraucht werden, ist immerhin auch von dieser Seite eine Entspannung der Lage am Fachkräftemarkt zu erwarten.

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Dieser Artikel ist in meiner Kolumne im Sonntagsblick am 1. März 2015 zuerst erschienen.

Kommentare

Heute hat sich nun Bundesrat Schneider-Ammann persönlich vom Fachkräftemangel und möglichen Gegenmassnahmen vor Ort ein Bild gemacht.
Beitrag in der SRF Tagesschau.

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