6.11.2011

Crisis? What Crisis?

Wie schlecht geht es eigentlich dem Euro?

Momentan ist die Euro-Krise in den Medien allgegenwärtig. Für eine angeblich kranke Währung hält sich der Euro allerdings erstaunlich gut. Die Medien verwechseln die Finanzprobleme einiger Staaten der Eurozone mit einer vermeintlichen Währungsschwäche.Liegen die Probleme der Euro-Mitgliedsländer am Euro?

Betrachtet man die langfristige Entwicklung des Euro im Vergleich zu den 20 wichtigsten Währungen, geht es dem Euro erstaunlich gut. So hat er sich während der letzten 10 Jahr um 18% aufgewertet und liegt momentan recht genau beim langjährigen Durchschnitt; vgl. folgende Graphik (Quelle EZB).

Insbesondere gegenüber dem US-Dollar hat sich der Euro in den letzten 10 Jahren nominell um gut 50% aufgewertet und liegt aktuell mit 1.37 $/Euro sogar über dem langfristigen Durchschnitt von 1.27; vgl.  folgende Graphik (Quelle EZB).

Die Probleme der Euro-Länder bestehen also nicht aufgrund einer Euro-Schwäche, wie dies etwa die Bilder in der Schweizer Tagesschau suggerieren. Der schwache Euro ist ein Mythos.

Der tatsächliche Zusammenhang sieht etwas anders aus. Die Länder der Eurozone erfüllen die Kriterien für einen einheitlichen Währungsraum nur teilweise. Insbesondere sind sie in ihrer Struktur und Entwicklung zu unterschiedlich, als dass man problemlos eine gemeinsame Währungspolitik betreiben könnte. Zentral ist auch, dass es keine einheitliche Fiskalpolitik gibt und deshalb Länder mit ungenügender Finanzdisziplin nicht durch Abwertung der eigenen Währung bestraft werden können.* Die Maastricht-Kriterien, welche vormals für einen Beitritt zum Euro erfüllt werden mussten und der Staatsverschuldung Grenzen setzen sollten, werden heute nur noch von ganz wenigen Euroländern erfüllt. Ende 2010 waren dies Luxemburg, Slovakei, Slovenien und Finnland.

Und schliesslich hat der Euro einigen Ländern so tiefe Zinsen beschert, dass sich öffentliche und private Haushalte übermässig verschuldet haben. Sie haben in den letzten 10 Jahren auf Pump gelebt und jetzt wird die Rechnung präsentiert. – In diesem beschränkten Sinne ist der Euro mitschuldig an der nach ihm benannten Krise.

*Auf diese Problematik hatten viele Ökonomen warnend hingewiesen. Auch das EU-Parlament war sich dessen bewusst und hat 1997 eine “Entschließung zur Koordinierung der Haushalts- und Steuerpolitiken in der Währungsunion” gefasst; vgl. ausführlicher den Blogeintrag vom Mai 2010 sowie die Kommentare dazu.

Kommentare

Guten Abend Herr Slembeck

Heute haben Sie in der Vorlesung gemeint, Sie wissen nicht, wiso man den Griechen den Euro wegnehmen sollten, sehen keinen einzigen Grund dafür.

Doch schreiben Sie hier: Insbesondere sind sie in ihrer Struktur und Entwicklung zu unterschiedlich, als dass man problemlos eine gemeinsame Währungspolitik betreiben könnte.

Wäre es nicht Folgerichtig, jene Länder welche gewisse Kriterien nicht erfüllen mindestens sagen wir 10 Jahre aus der Währungsunion auszuschliessen?

So hat das Land, hier Griechenland die Möglichkeit mit eigener Währung, in eigener Politik das Land auf Euro Kurs zu bringen oder eben nicht.

Dies würde den Druck auf die anderen “Problem” Staaten erhöhen und es entsteht eine echte Zweckgesellschaft, welche es ja sein soll. Bis anhin ist es eher eine Familie, Mitglieder können sich alles erlauben, man darf den glauben an Sie nicht verlieren, um jeden Preis wird Ihnen geholfen. Ja eigentlich macht es den Eindruck je mehr scheisse man baut, umso mehr Geld fliesst.

So lang und hart zu kämpfen um Griechenland vor dem Bankrott zu retten finde ich kontraproduktiv. Es suggeriert fast schon, als würde ein aus Griechenlands ein aus für den Euro bedeuten. Dies wird noch eine selbsterfüllende Prophezeihung;)

Wichtig erscheint mir dass die alten Kriterien ersetzt werden durch neue. Mit dem Auschluss Griechenlands könnte ein Strich gezogen werden in der Euro Misere. Es zeigt, wer sich nicht an die neuen Kriterien hält fliegt raus, mit allen Konsequenzen. Nur so können die Staaten gezwungen werden den Euro nicht auszunutzen. Nur so entsteht ein echter Mehrwert für die Gesellschaft.

Ich denke auch Politiker wie Merkosy wollen Griechenland vor dem Staatsbankrott retten, weil die Alternative eine weitere grossangelegte Bankenrettung wäre und die Bürger dies momentan nicht ertragen würden.

Doch würde uns dies ein weiteres mal zeigen, wie fragil unsere Finanzwelt ist. Dies ist schliesslich das wahre Problem des Krisendominos der letzten Jahre.

Das Staaten Bankrott gehen wenn Sie schlecht Haushalten ist normal. Bei Griechenland kommen verschiedene Faktoren zusammen die Krisen, zu teuerer zu korrupter Staatsaparat und zu viele Steuersünder und vieles mehr.
Dies müssen die Banken wohl am besten wissen und sollten sich vorbereiten. Natürlich ist es den Banken lieber Griechenland wird mit viel Geld aus der EU finanziert, als dass sie grosse Verluste hinnehmen müssen.

Wenn die Banken das recht haben einen Risikoaufschlag für Staatsgarantien zu verlangen und damit Milliarden verdienen über Jahrzehnte, dann müssen sie auch mit dem griechischen Staatsbankrott umgehen können. Wenn Banken Milliarden an Staatsanleihen Besitzen sind sie in gewissen Massen Versicherer für Staaten. Sie erhalten einen Risikoabschlag für das Geld im Gegenzug müssen Sie zu x% auf Ihr Vermögen verzichten. Und genau dazu müssen Sie auch im Stande sein.

Ist dies nicht der Fall, läuft definitiv etwas schief und es wird zu viel Geld aus den Banken geschöpft.

Nun es wird spannend bleiben. Die Akteuere und das Marktumfeld sind so unberechenbar, dass man einfach nur abwarten kann, Papandreou hats ein weiteres mal bewiesen:)

Sehr geehrter Herr Zehnder

zunächst eine kleine Korrektur. Ich habe in der Vorlesung gesagt, dass es keinen vernünftigen Grund gäbe, Griechenland den Euro einfach wegzunehmen und die Drachme einzuführen, mal abgesehen davon, dass Griechenland dann endlich abwerten könnte.

Letzteres könnte ein Grund sein, weil es dazu führt, dass das Land längerfristig wieder wettbewerbsfähiger würde. Allerdings wäre das kein Allheilmittel, weil die Drachme zwischenzeitlich in den Keller fallen würde — manche glauben, dass sie 50% an Wert verlieren könnte. Dann würden die Griechenlandferien extrem günstig und der Tourismus würde angekurbelt, aber weil das Land ansonsten über keine relevanten Exportsektoren verfügt, würde die übrige Wirtschaft nur wenig profitieren und die Importe würden extrem verteuert. Diese Phase könnte desaströs sein.

Nun zur Frage: Griechenland den Euro wegnehmen?

Zunächst ist das rechtlich nicht vorgesehen, aber wenn der politische Wille existiert wäre es denkbar.
Die Reaktion wäre ein Sturm auf die griechischen Banken, indem alle Einleger ihre Euro-Mittel abziehen und womöglich ausser Landes bringen. Die Banken wären bankrott (mit weltweiten Auswirkungen) und es müsste eine strikte Devisenbewirtschaftung durch den Staat eingeführt werden. Die Staatsschulden würden immer noch auf Euro lauten, da sonst weitere massive Abschreibungen nötig wären. Alles ziemlich unerfreulich.
Der Staat würde Löhne und Renten in Drachmen bezahlen aber das Land würde den Euro als Parallelwährung behalten. Faktisch kann man das nur schwer verhindern.

Eine bessere — aber auch nicht ganz kostenlose Variante — besteht darin, dass jene Länder, welche eine bessere Haushaltsdisziplin aufweisen, wettbewerbsfähiger / produktiver und zudem bereit sind, ihre Fiskalpolitik überprüfen und aktiv koordinieren zu lassen, eine neue Währung schaffen — den N-EURO (New-Euro oder Nord-Euro). Je mehr Länder sich dem N-EURO anschliessen, umso mehr würde sich der alte Euro allmählich abwerten.

Für den N-EURO braucht es nicht unbedingt neue Kriterien, wie Sie vorschlagen. Es würde reichen, die alten Maastricht-Kriterien wirklich durchzusetzen. — Und hier liegt die Crux. Es wird schwierig sein, die Regeln durchzusetzen, weil es kaum glaubwürdige Bindungsmöglichkeiten gibt. Bislang fehlt nämlich eine übergeordnete und unabhängige Instanz, welche Regelverletzungen ahndet. Man spricht hier vom Problem der Zeitinkonsistenz der Politik

Eine solche Instanz müsste erst geschaffen werden und sie müsste die Macht zur Durchsetzung gegen die Staatsregierungen haben. Zur Schaffung einer solchen Instanz fehlt (bislang) der politische Wille, denn es würde die Delegation nationaler Kompetenzen (in der Fiskalpolitik) an eine supranationale Einheit (analog zur EZB in der Geldpolitik) bedeuten.

Die Idee des N-Euro habe ich bereits im Mai 2010 hier diskutiert; ebenso die Zeitinkonsistenz (zudem hier).

Sehr geehrter Herr Slembeck

Vielen dank für Ihre Erläuterungen.

Wenn ich das richtig Verstanden habe, ist die Eurozone demnach einfach zu unterschiedlich. Es wäre Finanzpolitisch einfacher bzw. besser nur halb soviel Länder zu haben welche in sich homogener sind.

Was ich nicht verstehe ist, wieso soll es besser sein eine neue Währung zu schaffen als den alten Euro zu stärken?

Die Probleme und der Druck auf die Staaten welche den alten Euro hätten würden doch massiv zunehmen, wenn die stärksten das sinkende Schiff einfach verlassen. Stellen wir uns nur mal vor Merkel gibt Morgen bekannt eine neue Währung einführen zu wollen. Also ich möchte an diesem Tag an keiner Börse arbeiten.

Klar wäre es teuer die Griechen auszuschliessen.

Doch könnte es eventuell verhindern, dass die ganze Euro-Zone unter dem Druck der Zinsen auseinander bricht?

Zwar würden die alten Maastricher-Kriterien genügen, doch würden Sie eben auch Deutschland und Frankreich nicht mehr erfüllen. Darum denke ich braucht es neue glaubwürdige, eventuell für jedes Land individuelle, Kriterien.

Weiter verstehe ich nicht wieso es nicht vorgesehen sein soll einzelne Staaten aus dem Euroverbund auszuschliessen. Was hätte den sonst geschehen sollen bei einem Verstoss gegen die Maastricher-Kriterien?

[...] kleine Analyse vom letzten Herbst scheint immer noch zu stimmen. Zudem konnte der Euro seine Position als internationale Währung [...]

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