4.05.2015

Erben und Fairness

Die Erbschaftssteuer ist eine super Sache. Vor allem wenn man zu viele Freunde hat. Sobald man pro Erbschaftssteuer ist, verliert man die eine Hälfte der Freunde. Wendet man sich dagegen, verliert man die andere Hälfte. Offenbar sind die meisten entweder vollkommen dafür oder total dagegen.

Dass es keinen rechten Mittelweg gibt, liegt wohl daran, dass sich grundlegende Fragen von Fairness und Gerechtigkeit stellen.

Wenn jemand sein sauer verdientes Geld für die Nachkommen aufspart, ist es dann gerecht, wenn der Staat einen Teil davon weg nimmt? Oder ist es fair, wenn Geld das bereits mehrfach versteuert wurde – zuerst als Einkommen und dann über viele Jahre als Vermögen – nochmals vom Steuervogt gekürzt wird?

Ist es andererseits in Ordnung, wenn jemand ohne einen Finger zu rühren plötzlich sehr reich wird? Ist unverdienter Reichtum gar unmoralisch? Oder sind die anderen einfach nur neidisch?

Wollen wir es zulassen, dass die Erben eines Klein- oder Mittelunternehmens dieses vielleicht verkaufen müssen, nur um die Erbschaftssteuer zu bezahlen? Wie steht es mit einem grösseren Bauernhof?

Niemand hat Anrecht darauf, im Lotto zu gewinnen. Im Glücksfalle aber, kassiert der Staat ungeniert mit. Soll das Gemeinwesen dann logischerweise nicht ebenfalls profitieren, wenn wir unverhofft und unverdient erben?

Die Antworten sind nicht einfach. Denn eigentlich wünschen wir uns heimlich alle einen reichen Erbonkel aus den USA, der uns eines Tages mit einem riesigen Vermögen beglückt. Das ist wohl auch der Grund warum es die Vorlage zur Erbschaftssteuer im Juni an der Urne schwer haben wird. Schliesslich leben in der Schweiz viel mehr Erbschafts- als Lottomillionäre.

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Dieser Artikel ist in meiner Kolumne im Sonntagsblick am 26. April 2015 zuerst erschienen.

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