16.04.2010

Manager – Deutsch, Deutsch – Manager

Manchmal braucht man eine Übersetzungshilfe. Gerade in Krisenzeiten, wo eigentlich Klartext gesprochen werden sollte, drücken sich Manager oft vage aus und ihre Antworten sind verklausuliert. Ein schönes Beispiel liefert ein Interview der NZZ mit Walter Kielholz, Verwaltungsrat bei der Swiss Re und der Crédit Suisse. Ich habe einmal versucht, das Managerdeutsch der NZZ für die breitere Leserschaft von 20Minuten zu übersetzen.

“Die Chefs haben einfach gepennt” (Originaltitel: Das Management hat zu langsam reagiert)

Walter Kielholz zur schwierigen Situation des Schönredens der Swiss Re

Herr Kielholz, die Swiss Re hat am Finanzmarkt jede Menge Geld verzockt. Soll das so weiter gehen?

Wir denken schon eine Weile (12 Monate) nach. Die Asset-Manager machen wie eh und je das klassische Asset-Management und noch ein paar andere Dinge, über die wir lieber nicht reden.
Im Übrigen verkaufen wir auch noch allerlei Rückversicherungen, damit haben wir schon vorher das meiste Geld verdient. Wenigstens kennen wir uns in diesem Geschäft aus (= Kerngeschäft) und die anderen sind auch nicht besser (= starke Marktstellung).

Also ist Schluss mit der Zockerei? Nur noch Rückversicherungen verkaufen?

Na ja, es ist halt das einzige, das wir wirklich können und von dort holen wir eben die Kohle, vor allem in den vergangenen zwei, drei Jahren.

Zu wenig Schotter (= schwache Kapitalpolster)

Haben Ihre Kunden so wenig Geld, dass sie mehr von Ihnen wollen?

Ja, die brauchen jetzt mehr, weil ihnen der Schotter ausgeht.

Das ist ja eigentlich eine gute Sache, wenn die Kunden mehr nachfragen oder?

Eigentlich schon, nur haben wir selber nix – das ist echt Pech. Also ist es eine Frage, wo wir die wenige Kohle hinleiten: Wem geben wir sie, damit am meisten für uns rauskommt? (= effiziente Allokation)

Wie geht’s also weiter?

Das Business mit den Zombies (= Nicht-Leben-Geschäft) läuft echt stark – hätten wir nicht gedacht.

Wo wurde denn nun der Mist gebaut?

Die Leute die meinen, dass sie draus kommen (= interessierte Öffentlichkeit?) quatschen jetzt über unsere Strategie – dabei hatten wir gar keine. Jedenfalls keine die besagt hätte, dass man an den Finanzmärkten die Knete verospeln soll. Aber eigentlich wäre die Strategie relativ einfach gewesen, nämlich dass wir überall die Besten hätten sein wollen.

Das Geschäft mit den Lebenden ist irgendwie wichtig, da haben wir in den letzten 15 Jahren einiges dazu gekauft. Zwar haben wir uns teilweise wie eine Investmentbank benommen, aber schon auch noch echte Geschäfte gemacht, ehrlich.

Also bleibt alles beim alten?

Das Auf und Ab letzthin kommt wegen den Amis und Engländern, die sind einfach die grössten. Da wollen wir uns nicht noch mehr die Finger verbrennen. Weil wir dort so viel Kohle haben, ging’s halt auch bei uns auf und ab. Bei den Aktien ging’s noch so und bei den Unternehmensanleihen haben wir uns schon gedacht, dass wir was verlieren – aber bei den Wertschriften, die mit Aktiven unterlegt sind, hat’s uns krass erwischt.

Aber schuld war doch die Zockerei am Finanzmarkt?

Ja, vom Geschäft am Finanzmarkt, mit Aktien von einzelnen Firmen, hatten wir keinen blassen Schimmer. Das hätten die Jungs auf der Chefetage besser lassen sollen (= entsprach nicht der Strategie) und zudem haben sie gepennt.

Wann haben sie denn gepennt?

Das war schon im November 2007, da sind dann ein paar Köpfe gerollt, auch bei den Chefs (= personelle Änderungen).

Mist gebaut

Aber dann hat auch der Verwaltungsrat geschlafen?

Ja genau, der hat auch Mist gebaut. Jetzt sind wir schlauer. Schön war halt einfach, dass die Zockerei am Finanzmarkt 2007 zu tollen Ergebnissen geführt hatte, ebenso wie 2006.

Wie wird denn nun der Giftmüll entsorgt? Das Unternehmen steht damit doch echt schräg da.

Den Giftmüll entsorgen wir schrittweise und so langsam, dass es keinem weh tut. Natürlich stehen wir doof da. Aber immerhin wissen wir, was alles in dem Müll drin ist. Das erklären wir den Geldgebern dann häppchenweise.

Sind zwei Verwaltungsräte für Sie nicht etwas viel? Müssen Sie unbedingt so was Schwieriges auch noch machen?

Ich habe denen von Swiss Re gesagt, dass ich dort echt was mache, aber schliesslich will ich auf die Kohle von der CS nicht einfach verzichten.

Üble Zwickmühle

Bei der CS wär’s doch cooler gewesen, oder?

Ein bisschen leid tut’s mir schon, vor allem wegen meiner Kumpels im CS Verwaltungsrat, und mit der Geschäftsleitung gab’s immer so feine Business Luches. Und die Sekretärinnen waren auch knackiger, das ist schon eine rechte Zwickmühle.
Gibt’s denn bei der Swiss Re keine netten Kumpels?

Bei der CS haben wir die ganze Krise über im Team gespielt und gejasst. Bei der Swiss Re gibt es eine gewisse Verunsicherung, weil sie nach dem Köpferollen (= signifikanter personeller Wechsel) nicht mehr zwischen einem Schieber und einem Coiffeur unterscheiden können.

Hat denn keiner aufgepasst, wenn’s riskant wurde?

Wir haben’s halt echt nicht gecheckt – die Zukunft lag ja noch vor uns; und die ist immer riskant. Das war aber sicher überhaupt kein Fehler von meinen neuen/alten Kumpels im Verwaltungsrat oder in der Geschäftsleitung!!!

Warum wird bei der Swiss Re jetzt nicht mal so richtig aufgeräumt? Am Ende gibt’s das gleiche Debakel wie bei der UBS?

Keine Angst. Wir wissen schon was wir tun. Wir wurschteln uns jetzt erst mal durch und gucken dann in einem Jahr, ob’s den Aktionären gefällt.

(…in freier Übersetzung, ohne Gewähr für Richtigkeit. Ein direkter Vergleich mit dem Originalinterview ist hier als PDF verfügbar.)

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