25.03.2010

Abzocker-Initiative: Das grosse Tamtam

Warum die Initiative gut ist, obwohl sie nichts bewirkt

Minders Abzocker-Initiative und der Gegenvorschlag werden im Parlament und den Medien heftig diskutiert. SP, SVP und wohl auch “das Volk” versprechen sich davon ein Bollwerk gegen die Abzockerei. Die FDP hingegen spricht von einer Gefährdung von 10′000senden von Arbeitsplätzen. – Beides ist völlig falsch, weil es sich um einen gänzlich zahnlosen Papiertiger handelt.

Zwar dürfte die Generalversammlung jedes Jahr über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats und dessen Entlöhnung neu abstimmen, doch stärkt dies die Aktionärsdemokratie kaum. Die Demokratie braucht nämlich nicht nur Wahl, sondern auch Auswahl. Es ist leicht absehbar, dass es nicht zu Kampfkandidaturen um VR-Sitze kommen wird, weil an der GV eine geschlossene Liste präsentiert wird und Sprengkandidaten dagegen keine Chance haben. Auch bei den Gehältern gibt es für die AG  keinen Anreiz,  der GV ein Auswahlmenü vorzulegen. Wenn die Aktionäre jährlich nur ja oder nein sagen können, ist dies mangels Auswahl keine Demokratisierung, sondern erinnert eher an frühere osteuropäische Verhältnisse.
Trotzdem ist die Initiative sehr begrüssenswert. Denn sie ermöglicht es breiteren Kreisen, dem Unmut über teilweise absurde Löhne Luft zu verschaffen. Als Ventil dient sie der gesellschaftspolitischen Hygiene, ohne dass sie einen einzigen Arbeitsplatz kosten würde.
- Vielen Dank, Herr Minder!

Kommentare

Abgesehen vom Ventil für die gesellschaftspolitische Hygiene: Kann ein Vorstoss zur Eindämmung der Abzockerei wirklich auf nationaler Ebene einen Erfolg bringen, ohne unseren Wirtschaftsstandort zu benachteiligen? Muss dieser Vorstoss nicht auf internationaler Ebene geschehen? Hier haben in meinen Augen die G20 gewaltig versagt und ich frage mich, ob sich das auch wiederholen wird, wenn es zum nächsten grossen Crash kommt. Die Reue der Finanzwelt war nur von kurzer Dauer und aufgrund der Pleiten und Übernahmen sind aus der Kriese nur noch grössere Banken hervorgegangen, bei denen die Abzockerei bereits wieder in die nächste Runde geht.

Die Abzocker-Initative basiert noch auf einer anderen Prämisse, nämlich darauf, dass die Verwaltungsräte bislang die Interessen der Mehrheit der Aktienstimmen nur ungenügend vertreten hat. Das ist eine unsichere Annahme, da auch heute schon die Verwaltungsräge durch die GV gewählt wurden und bedeutende Aktionäre meist im VR (indirekt) vertreten sind. Es ist also gut möglich, dass diese Initiative wenig bewirkt.

Für meine These der “gesellschaftlichen Psychohygiene” spricht die heute veröffentlichte Umfrage von gfs.Bern. Gemäss NZZ geht es vor allem ums “Bauchgefühl”…

Die Umfrage gibt Einblicke in die Bauchgefühle der Bevölkerung. Eine hohe Zustimmung mit durchschnittlich 7,9 von 10 möglichen Punkten erntete der Satz «die hohen Managersaläre sind unmoralisch». Das kann nicht überraschen. Überraschend dagegen ist, dass die These, wonach die Saläre in der Privatwirtschaft von den Aktionären genehmigt werden sollen, mit 6,8 Punkten im Schnitt kaum mehr Zustimmung erhält als die faktische Gegenposition, wonach die besagten Saläre vom Verwaltungsrat zu bewilligen seien (6,7 Punkte). Erstaunlich scheint dies auch vor dem Hintergrund, dass die Stärkung der Aktionärsrechte sozusagen die Kernforderung der Initiative darstellt.

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