15.05.2010

Ist Ackermann Gott?

Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat an Auffahrt spät abends in einer Fernsehsendung Zweifel daran geäussert, dass Griechenland seine Schulden vollständig zurückzahlen wird. In der Financial Times Deutschland erntet er dafür die Schlagzeile: Deutsche-Bank-Chef sollte einfach mal den Mund halten.

Die Begründung des FTD-Journalisten ist entlarvend:

Ein dürrer Satz von Josef Ackermann  könnte reichen, um den Effekt eines Rettungspakets von 750 Mrd. Euro zunichtezumachen. Der Deutsche-Bank-Chef muss das wissen — und in bestimmten Momenten einfach mal nichts sagen.

Ist Ackermann also ein Gott der Finanzindustrie? Wieso kann ein Satz von ihm angeblich eine solche Wirkung entfalten?

Klar ist, dass es bei der ganzen Rettungsaktion für Griechenland und den Euro nicht nur um Ökonomie geht, sondern auch um Psychologie – viel Psychologie. Im Kern betroffen ist das Vertrauen der Finanzmärkte in die Rückzahlung von Staatsschulden und in die Stabilität des Euro.

FALLS nun ein Wort von Ackermann dieses Vertrauen derart erschüttern kann, belegt dies einzig die Unfähigkeit und Faulheit der Finanzmarktteilnehmer. Studien zeigen nämlich, dass sich viele Analysten nicht die Mühe eigener Recherchen und Analysen machen und sich stattdessen auf Gespräche mit Kollegen und das Verhalten anderer Marktteilnehmer verlassen. Eigene Erwartungen werden auf Erwartungen anderer gestützt. Dies führt zu jenem Herdenverhalten, welches in den Finanzmärkten immer wieder zu beobachten ist und im Rahmen der Behavioral Finance Theorie wissenschaftlich untersucht wird.

Leiden die Marktteilnehmer unter einem chronischen Informationsmangel und verhalten sich deshalb nicht alle Akteure (zumindest ex post) vollständig rational,  kann es zudem für einen Marktteilnehmer rational sein, eine ansonsten nicht rationale Strategie zu verfolgen. Im Ansatz der Evolutionary Finance spielt der Investor gegen eine Population anderer Investoren. Seine optimale Strategie hängt dann vom Auftreten und der Verteilung der Strategien der übrigen Marktteilnehmer ab.

Vor diesem Hintergrund ist Ackermanns Aussage harmlos. Er hat nur ausgesprochen, wovon die Marktteilnehmer wohl ohnehin ausgehen. Einen guten Hinweis liefern hier die Kreditausfallversicherungen (CDS), welche im Falle Griechenlands nach oben weisen. Nur völlig unerwartete Informationen könnten Einfluss haben.

Das Hochjubeln einzelner Personen oder Aussagen ist meist völlig unangebracht — jedenfalls, solange es sich nicht um Notenbankchefs handelt. Mir scheint eher, dass der Journalist eine persönliche Rechnung mit Ackermann offen hatte…

Kommentare

Die Finanzkrise in Griechenland artet langsam in eine reale Krise aus. Explosion vor Gefängnis in Athen Die Explosion eines Sprengsatzes hat am Donnerstagabend die Vorstadt des Hafens von Piräus-Korydallos erschüttert. Ich frage mich wirklich, wie das wohl weitergeht. Die Griechen sollten wirklich mal das demonstrieren sein lassen und sich darauf konzentrieren, wie sie wieder auf die Beine kommen.

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