28.11.2010

Steuerprivilegien adieu

Nachdem das Schweizer Bankkundengeheimnis auf Druck der EU und der USA bereits viele Federn gelassen hat, ist die EU schon auf dem nächsten Feldzug. Nun geht es um die steuerliche Privilegierung ausländischer Holdinggesellschaften. Auch diesbezüglich wird die Schweiz wohl früher oder später nachgeben müssen.

Das so genannte Holding-Privileg bedeutet, dass Beteiligungsgesellschaften in den Kantonen keine oder nur geringe Gewinnsteuern bezahlen. Ökonomisch gesehen ist dies insofern sinnvoll, als dadurch eine Mehrfachbesteuerung von Gewinnen vermieden wird. Der selbe Gewinn soll nicht zuerst bei den Tochergesellschaften und dann bei der Muttergesellschaft nochmals steuerlich belastet werden.

Von der EU zunehmend kritisch betrachtet werden aber Sonderregelungen für ausländische Konzerne (sog. Ring-Fencing), die ausschliesslich oder vorwiegend im Ausland tätig sind und ihren Sitz aus steuerlichen Gründen in die Schweiz verlegen.

Die Sendung Eco hat kürzlich eine Liste mit solchen Firmen zusammen gestellt. Für einzelne Gemeinden und Kantone mögen solche Ansiedlungen attraktiv erscheinen, zumal im Falle, dass die leitenden Angestellten ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen und als Privatpersonen hier steuerpflichtig werden. Allerdings ist absehbar, dass die EU ihren Druck auf das Ring-Fencing (steuerliche “Aushagung” auf Schweizerdeutsch) in nächster Zeit deutlich zunehmen wird, wie mir der EU-Botschafter kürzlich versicherte.

Nach aller Erfahrung der letzten Jahre ist die Schweizer Position in dieser Sache aus meiner Sicht mittelfristig nicht haltbar. Spätestens wenn es um die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU geht (Stichwort: “Ende des bilateralen Wegs?”), wird das Thema in die Verhandlungen einfliessen. — Die Kantone und Gemeinden mit frischen Holding-Zuzügern sollten sich also nicht zu sehr auf die neuen Steuereinnahmen verlassen.

Schliesslich scheint mir auch fraglich, wie lange die Schweiz an der Praxis der Pauschalbesteuerung wohlhabender Privatpersonen festhalten kann.

Einerseits regt sich Widerstand seitens einzelner Kantone. St.Gallen hat 2008 eine Standesinitiative eingereicht, welche die schweizweite Abschaffung verlangt. Und reiche Schweizer beklagen sich zudem nicht ganz zu Unrecht, wenn ihre ausländischen Nachbarn am gleichen Wohnort deutlich weniger versteuern. Um den Schweizern entgegen zu kommen, werden dann mit den Steuerbehörden ähnlich günstige Deals vereinbart. — Aus rechtsstaatlicher Sicht halte ich solche Vereinbarungen für höchst bedenklich, weil sie intransparent sind, die Rechtsgleichheit verletzen können und die Steuermoral der Normalverdiener untergraben.

Andererseits ist das Thema aber auch verschiedenen EU-Staaten und den USA ein Dorn im Auge, wobei allerdings die EU-Kommission gemäss ihrem Botschafter über kein entsprechendes Mandat verfügt. Trotzdem wird sich auch dieser Druck verschärfen.

Kommentare

Was ich vor gut 2 Wochen geschrieben habe, ist nun offiziell. Die EU verschärft die Gangart in einem neuen Positionspapier; vgl. Tagesanzeiger:

Bei den Steuerthemen zeigt sich die EU mit Blick auf die kantonale Holdingbesteuerung «sehr besorgt» über gewisse kantonale Steuerpraktiken. Die Schweiz schaffe so «inakzeptable Wettbewerbsverfälschung». Bern wird erneut aufgerufen, diese Begünstigungen für ausländische Firmen abzuschaffen.

Die Pauschalbesteuerung kommt als nächstes unter Beschuss. Und das Steuerthema wird mit dem “Ende des bilateralen Wegs” verknüpft; das wird im Positionspapier sehr deutlich gemacht.

Wer diesen Blog liest, ist früher informiert (manchmal jedenfalls…).

Das ist wirklich eine grosse Schweinerei – diese Pauschalbesteuerung, und es schadet nichts, wenn der Druck dagegen aus dem Ausland steigt.
Aber wir haben leider in ‘meiner’ freisinnigen Partei immer noch zuviele Leute, die meinen, man sollte so lange wie möglich profitieren von solchen Schmarotzern. Im Kanton Zürich wurde ja die Pauschalbesteuerung nach einer Volksabstimmung abgeschafft und mehrere bisher Begünstigte sind bereits weitergezogen.
Und nun stellt man fest, dass der Verlust an Steuersubstrat dadurch gar nicht so gross wie befürchtet sein wird, weil in den betreffenden Villen und luxuriösen Wohnungen ehrlichere Leute einziehen, die seit langem höhere Steuern bezahlen…

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