Nachdem das Schweizer Bankkundengeheimnis auf Druck der EU und der USA bereits viele Federn gelassen hat, ist die EU schon auf dem nächsten Feldzug. Nun geht es um die steuerliche Privilegierung ausländischer Holdinggesellschaften. Auch diesbezüglich wird die Schweiz wohl früher oder später nachgeben müssen.
Das so genannte Holding-Privileg bedeutet, dass Beteiligungsgesellschaften in den Kantonen keine oder nur geringe Gewinnsteuern bezahlen. Ökonomisch gesehen ist dies insofern sinnvoll, als dadurch eine Mehrfachbesteuerung von Gewinnen vermieden wird. Der selbe Gewinn soll nicht zuerst bei den Tochergesellschaften und dann bei der Muttergesellschaft nochmals steuerlich belastet werden.
Von der EU zunehmend kritisch betrachtet werden aber Sonderregelungen für ausländische Konzerne (sog. Ring-Fencing), die ausschliesslich oder vorwiegend im Ausland tätig sind und ihren Sitz aus steuerlichen Gründen in die Schweiz verlegen.
Die Sendung Eco hat kürzlich eine Liste mit solchen Firmen zusammen gestellt. Für einzelne Gemeinden und Kantone mögen solche Ansiedlungen attraktiv erscheinen, zumal im Falle, dass die leitenden Angestellten ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen und als Privatpersonen hier steuerpflichtig werden. Allerdings ist absehbar, dass die EU ihren Druck auf das Ring-Fencing (steuerliche “Aushagung” auf Schweizerdeutsch) in nächster Zeit deutlich zunehmen wird, wie mir der EU-Botschafter kürzlich versicherte.
Nach aller Erfahrung der letzten Jahre ist die Schweizer Position in dieser Sache aus meiner Sicht mittelfristig nicht haltbar. Spätestens wenn es um die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU geht (Stichwort: “Ende des bilateralen Wegs?”), wird das Thema in die Verhandlungen einfliessen. — Die Kantone und Gemeinden mit frischen Holding-Zuzügern sollten sich also nicht zu sehr auf die neuen Steuereinnahmen verlassen.
Schliesslich scheint mir auch fraglich, wie lange die Schweiz an der Praxis der Pauschalbesteuerung wohlhabender Privatpersonen festhalten kann.
Einerseits regt sich Widerstand seitens einzelner Kantone. St.Gallen hat 2008 eine Standesinitiative eingereicht, welche die schweizweite Abschaffung verlangt. Und reiche Schweizer beklagen sich zudem nicht ganz zu Unrecht, wenn ihre ausländischen Nachbarn am gleichen Wohnort deutlich weniger versteuern. Um den Schweizern entgegen zu kommen, werden dann mit den Steuerbehörden ähnlich günstige Deals vereinbart. — Aus rechtsstaatlicher Sicht halte ich solche Vereinbarungen für höchst bedenklich, weil sie intransparent sind, die Rechtsgleichheit verletzen können und die Steuermoral der Normalverdiener untergraben.
Andererseits ist das Thema aber auch verschiedenen EU-Staaten und den USA ein Dorn im Auge, wobei allerdings die EU-Kommission gemäss ihrem Botschafter über kein entsprechendes Mandat verfügt. Trotzdem wird sich auch dieser Druck verschärfen.